Brückenbauer in und für Athen gesucht
EU-Finanzminister suchen nach Übergangsfinanzierung / Griechenland vor Regierungsumbildung
Am Mittwoch könnte in Griechenland das öffentliche Leben zum Erliegen kommen. Nicht weil die Banken kollabieren - sie sollen am Donnerstag wieder öffnen. Doch das Parlament wird zusammenkommen, um über die ersten Maßnahmen abzustimmen, die die Gläubiger von Griechenland im Gegenzug für Verhandlungen über ein drittes Kreditprogramm verlangen. Drumherum werden Gewerkschafter und Kritiker der Einigung von Montag protestieren. Die Staatsbediensteten, die Apotheker und das Pflegepersonal in staatlichen Krankenhäusern wollen streiken.
Lautstark dürfte es bei beiden Veranstaltungen werden. Denn SYRIZA ist ob der von den Euro-Partnern verlangten Reformpakete zerstritten. Am Dienstagnachmittag kündigte der Sprecher von Ministerpräsident Alexis Tsipras an, er werde sein Kabinett »umfassend« umbauen. Die Mehrheit ist ihm bei dem Parlamentsvotum allerdings ohnehin sicher - mit Hilfe von Oppositionspolitikern.
Wie es danach mit Griechenland weitergeht, ist unklar. Die EU-Finanzminister diskutierten am Dienstag in Brüssel eine »Brückenfinanzierung« für den Mittelmeerstaat. »Wir prüfen alle Instrumente und Mittel, die wir nutzen können«, sagte Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Allerdings hätten alle »Nachteile«. Der finnische Minister Alexander Stubb sagte, es gebe bis zu sechs verschiedene Optionen.
Griechenland braucht dringend frisches Geld. Am Montag verstrich die Frist zur Rückzahlung von 450 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Schon Ende Juni konnte Athen eine Rate von 1,6 Milliarden Euro nicht bedienen. Am 20. Juli müssen Anleihen im Volumen von rund 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Euro-Zentralbanken zurückgezahlt werden. Bis Mitte August sind laut EU-Kommission, EZB und IWF rund zwölf Milliarden Euro nötig.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht die Übergangsfinanzierung vor allem als Aufgabe für die SYRIZA-geführte Regierung. »Klar ist, das ist in erster Linie Sache Griechenlands, dafür eine Lösung zu finden«, sagte Schäuble beim Treffen der EU-Finanzminister. Er schlug den Einsatz von Schuldscheinen vor, um einen Teil der inländischen Zahlungsverpflichtungen zu bedienen, und erntete dafür erneut Kritik. Einen neuen »Grexit-Versuch« durch die Hintertür nannte dies der Europaabgeordnete Sven Giegold (Grüne).
Unklar blieb auch der Gesamtfinanzbedarf Griechenlands in den nächsten Jahren. Aus EU-Kreisen verlautete, aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus müssten 40 bis 50 Milliarden Euro fließen. In der Erklärung des Euro-Gipfels von Montag hieß es, Athen brauche bis zu 86 Milliarden Euro. Der IWF, der auch am neuen Programm beteiligt sein soll, warnte nun, dass dies nicht reiche. Medien zitierten eine »vertrauliche Studie«, wonach Athen einen deutlicheren Schuldenschnitt braucht als bisher vorgesehen. Mit Agenturen
Seiten 2, 4 und 7
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.