Bauern erwarten nur mäßige Ernte

Alarm im Nordosten: Der Gerstengelbverzwergungs-Virus breitet sich aus

  • Winfried Wagner, Alt Sührkow
  • Lesedauer: 3 Min.
Herbst zu warm, Mai zu trocken und dann auch noch mehr Schädlinge: Die Bauern erwarten 2015 nur eine durchschnittliche Ernte - auch im Nordosten. Nun hofft man wenigstens auf richtiges Erntewetter.

Die Bauern in Mecklenburg-Vorpommern rechnen wegen langer Trockenheit und Schädlingsbefall nur mit einer durchschnittlichen Ernte im Jahr 2015. Das sagte der Landesbauernverbandpräsident Rainer Tietböhl am Mittwoch in Alt Sührkow im Landkreis Rostock. Demnach werden die Erträge bei Raps und Getreide rund 20 Prozent unter dem Rekordjahr 2014 liegen. Das hätten Analysen und erste Dreschergebnisse gezeigt. »Dabei hätten wir die beste Ernte seit Jahren gebraucht, um Verluste bei der Veredelung auszugleichen«, sagte Tietböhl. Die Agrarbranche mit rund 20 000 Beschäftigten beklagt unter anderem Verluste wegen niedriger Milch- und Fleischpreise. Die Ernte soll in den nächsten Tagen mit der angekündigten Hitzewelle in großem Stil starten.

Hauptanbauarten sind im Nordosten Weizen, Raps und Gerste. Sie wachsen auf knapp zwei Drittel der Ackerfläche, die insgesamt 1,1 Millionen Hektar beträgt. Ausgerechnet bei Weizen und Gerste zeige sich erstmals ein teils starker Schädlingsbefall mit dem Gerstengelbverzwergungs-Virus, der durch die hohe Zahl an Blattläusen während der milden Witterung in Herbst und Winter möglich wurde. Das Virus führt zu kleinerem Wuchs und geringeren Erträgen. »Wie das genau ausgeht, können wir erst nach dem Dreschen sagen«, erklärte Verbands-Pflanzenexperte Frank Schiffner.

Experten zufolge ist vor allem der Süden Mecklenburg-Vorpommerns betroffen. Einige Landwirte hätten Weizenschläge schon abgehäckselt und die Biomasse für Biogasanlagen zur Verfügung gestellt. Außerdem treiben nach dem Verbot der Rapsbeize mehrere Rapsschädlinge die Bauern um. »Das sind Rapserdflöhe und die Larven der Kleinen Kohlfliege«, erläuterte der Betriebsleiter des Milchhofes Alt Sührkow, Matthias Hantel. »Die Schläge sehen nicht mehr gleichmäßig aus, sondern wie Berg und Tal«, erläuterte Tietböhl. Der Befall sorge für deutlich kleinere Wurzeln der Rapspflanze, die weniger Schoten ausbilde und somit weniger Ertrag habe.

Hantel forderte, dass eine geeignete Beize wieder zugelassen werde. Das Rapsbeizen war aus Rücksicht auf die Bienenvölker untersagt worden. Es könne aber auch nicht im Interesse der Imker sein, wenn man wegen der verbotenen Beize jetzt viel öfter Schädlingsbekämpfungsmittel ausbringen müsse, sagte Hantel. Das habe man mit Imkern schon besprochen.

2014 hatte es in Mecklenburg-Vorpommern mit durchschnittlich 83,7 Dezitonnen Getreide pro Hektar einen neuen Spitzenwert gegeben. In diesem Jahr wurden auf rund 355 000 Hektar Weizen und auf 235 000 Hektar Raps angebaut - was etwa 55 Prozent der Äcker sind. Auf 121 000 Hektar wächst Gerste und auf 60 000 Hektar Roggen. Mit dem Dreschen der Wintergerste wurde bereits während der Hitzeperiode Anfang Juli auf sandigen Böden im Altkreis Uecker-Randow, im Kreis Ludwigslust-Parchim und bei Röbel an der Seenplatte begonnen.

Tietböhl forderte außerdem mehr Unterstützung für die Milchbauern. »Die Milchpreise sind mit 27 Cent pro Liter derzeit miserabel.« Unter Bauern heiße es schon, die Bundesregierung habe der Automobilindustrie nach der Krise 2008 mit der Abwrackprämie geholfen - aber wer helfe den Milchbauern? dpa/nd

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