Teurer Antrag für Platz auf UNESCO-Liste
Stralsunds OB kritisiert Landesregierung scharf
Stralsunds Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) hat der SPD/CDU-Regierung von Mecklenburg-Vorpommern »Selbstherrlichkeit« im Zusammenhang mit der millionenschweren Unterstützung der Schweriner Welterbe-Bewerbung vorgeworfen und damit Kritik provoziert. Die Landesregierung habe völlig die Bodenhaftung verloren, meinte Badrow. »Ich kann das nicht hinnehmen, dass die Landesregierung lediglich 1,9 Millionen Euro für die Finanzierung einer ganzen Theaterreform zur Verfügung stellt, aber offenbar über unbegrenzte Ressourcen verfügt, wenn sie eigene Ziele verfolgt.« Im Zusammenhang mit der Schweriner Welterbe-Bewerbung ist ein Vielfaches vorgesehen.
Seine Kritik richte sich nicht gegen die Welterbe-Bewerbung, sondern gegen das generelle Finanzgebaren des Landes, betonte Badrow. Gegenüber den Kommunen werde immer deutlich gemacht, dass das Land unter chronischem Geldmangel leide.
Landeskultusminister Mathias Brodkorb (SPD) wies Badrows Kritik als unangemessen und unzutreffend zurück. Offenbar habe Badrow vergessen, in welchem Umfang das Land im Jahr 2008 den Bau des Ozeaneums gefördert habe. Für den geplanten Umbau des Katharinenstiftes mit dem Meeresmuseum, das im Gegensatz zum Schweriner Schloss keine Landesimmobilie sei, stelle das Land weitere 15 Millionen Euro bereit. »Das Schweriner Schloss ist Landeseigentum und steht unter Denkmalschutz. Wenn wir das Schloss verrotten lassen würden, würden wir uns eines Rechtsverstoßes schuldig machen.«
Das Land will die Welterbe-Bewerbung der Landeshauptstadt mit wissenschaftlicher Expertise vorantreiben und auch finanziell großzügig unterstützen. Das ist offenbar auch nötig, angesichts der Überrepräsentanz europäischer Schlösser und Burgen in der Welterbeliste. Zu den Chancen Schwerins sagte Brodkorb, dass die Aufnahme des Schweriner Schlossensembles in die Welterbeliste »schwer und hart« werde.
Zusammen mit Landtag und der Stadt Schwerin wurde ein wissenschaftlicher Beirat einberufen, der die Bewerbung voranbringen soll. Größter Kostenfaktor ist die Ausstellung des Schlossmuseums, die laut Brodkorb komplett überarbeitet werden muss. Das Land kalkuliert dafür 20 Millionen Euro ein und strebt an, dass der Bund die Hälfte trägt. Sollte das nicht der Fall sein, übernimmt das Land die Kosten.
Fest steht inzwischen, dass die zudem vom Land geplante Welterbe-Professur an der Hochschule Wismar im Fachbereich Architektur angesiedelt werden soll. Das Land will dafür über fünf Jahre insgesamt eine halbe Million Euro zur Verfügung stellen. Der Stelleninhaber soll sich vorrangig auf die Welterbestätten des Landes konzentrieren. Schwerin habe aber eine gewisse Priorität, da es sich gerade im Bewerbungsverfahren befinde, sagte Brodkorb. Die Altstädte von Stralsund und Wismar wurden 2002 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen.
Unterstützung für Badrow kam aus dem Museumsverband. In keinem anderen Bundesland gebe es so wenige Museen, die institutionell vom Land gefördert würden, sagte Vorstandsmitglied Bernd Lukasch. Er könne die Kritik Badrows nachvollziehen. Kommunen stöhnten unter der Last der kommunalen Ausgaben. Gekürzt werde zunächst an den freiwilligen Aufgaben, zu denen auch die Museen gehören. So ist nach Angaben des Museumsverbandes derzeit das Museum in Demmin akut bedroht. dpa/nd
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