Zwischen Basar und Burger
Konzerne wittern in Iran das große Geschäft
Die Kasse klingelt. »So viele Kunden haben wir schon seit vielen, vielen Jahren nicht mehr gehabt«, sagt Reza Motahari, Geschäftsführer eines Nobelrestaurants in Teherans Zentrum. Ein Blick durch den Raum: Russen, viele Chinesen, »die sind schon immer hergekommen«, so Motahari. Aber jetzt auch Deutsche, Franzosen, Briten, ein paar US-Amerikaner.
Der Atomdeal war gerade unterzeichnet und noch viele Fragen offen, etwa ob der US-Kongress zustimmen werden würde und ob Iran die Bedingungen für die Aufhebung der Sanktionen erfüllt. Dennoch setzte sich die internationale Geschäftswelt in Richtung Teheran in Bewegung; über 100 Konzernvertreter hat das Außenministerium in den vergangenen beiden Wochen gezählt. Flugzeuge, Autos, Eisenbahnen, Bauprojekte, Medikamente, sogar Pommes stehen auf der Liste. Und natürlich Gas und Öl. Iran verfügt nach Russland über die zweitgrößten Gasvorkommen. Damit sollen, so die Rechnung, die Milliarden verdient werden, die in die Sanierung der maroden Infrastruktur investiert werden: Die Fluggesellschaften brauchen neue Flugzeuge. Zudem denkt man über den Bau eines Schnellbahnnetzes nach, das eine Direktverbindung von Indien nach Europa ermöglichen würde.
»Wer jetzt zu spät kommt, bekommt vom Kuchen nur die Krümel ab«, beschreibt ein Mitarbeiter des französischen Energiekonzerns Total die Stimmung, die auch von Frustration durchsetzt ist. Die Sanktionen, heißt es bei Geschäftsleuten immer wieder, hätten vor allem eines bewirkt: Während westliche Firmen ihre Geschäftsbeziehungen einstellen mussten, machten chinesische und russische Konzerne gute Geschäfte mit der islamischen Republik.
Ob die Hoffnungen nun erfüllt werden, ist nicht garantiert: »Vor allem muss der Geldverkehr schnellstmöglich einfacher werden«, heißt es bei der deutsch-iranischen Handelskammer. Aktuell sind Zahlungen mit westlichen Kreditkarten nicht möglich, auch Überweisungen unterliegen Beschränkungen. Darüber hinaus seien aber Reformen der extrem komplizierten Gesetzgebung und der Entscheidungsprozesse im Land notwendig. Bis jetzt verspreche die Regierung nur vage, »die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit« schaffen zu wollen.
Bei Total hat man bereits Pläne für lukrative Projekte in der Schublade: 2009 zwangen die Sanktionen den Konzern, die Gasförderung zu stoppen. »Natürlich hoffen wir darauf, damit nun weiter machen zu können«, sagt ein Mitarbeiter vor Ort: »Aber es ist auch eine emotionale Sache. Unsere iranischen Geschäftspartner waren nicht glücklich darüber, dass wir plötzlich weg waren.«
Eine Befürchtung, die auch Irans Ölminister Bijan Zamdar Zangeneh nicht ausräumt: »Ich habe mich nach diesem Tag gesehnt«, sagt er, »diese Sanktionen haben uns nicht nur wirtschaftlich, sondern auch im Herzen hart getroffen. Wir schauen uns nun sehr genau an, mit wem wir künftig Geschäfte machen.«
Äußerungen wie diese sind oft zu hören. »Es ist schwierig, dann zu vermitteln, dass wir an die Vorgaben der Politik gebunden sind, und es eben auch die Sichtweise gibt, dass die iranische Regierung diese Situation selbst verursacht hat«, sagt ein deutscher Konzernvertreter. Allerdings: »Wer Geld verdienen möchte, kann im Moment nicht mehr tun, als zu nicken.« Das Thema Menschenrechte verkneife man sich besser.
Die deutsche Geschäftswelt rechnet sich dabei gute Chancen aus: Deutschland war einst einer der wichtigsten Handelspartner Irans; viele Firmen haben sich bemüht, die Kontakte nie ganz abbrechen zu lassen. Nun besuchte Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) als erster hochrangiger westlicher Politiker Teheran.
Auch bei US-Konzernen macht man sich - allerdings gedämpfte - Hoffnungen. Für Euphorie bei der iranischen Jugend sorgte die Nachricht, Mc Donald’s wolle ein Restaurant in Teheran eröffnen. Bei einem ersten Anlauf vor den Sanktionen hatte man sogar schon ein Gebäude ausgesucht. Doch dann stellten sich die Hardliner quer; das Projekt wurde abgesagt. Dieses Mal könnte es klappen: Zwar sprechen konservative Politiker noch vom »großen Satan«. Doch die Rufe sind weniger geworden, die Bevölkerung ist die Sanktionen leid. »Auch iranische Politiker essen gerne Hamburger«, sagt Marzieh Afkham, Sprecherin des Außenministeriums.
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