Eine Hommage an die Resistenza

Gerhard Feldbauer erinnert an den antifaschistischen Widerstand in Italien

  • Rudolf Walther
  • Lesedauer: 3 Min.

Die italienische Resistenza ist ein Unikat in der Geschichte der europäischen Widerstandsbewegungen gegen Faschismus und Nationalsozialismus. Weil König Emanuel III. Benito Mussolini, dem Führer des im November 1921 gegründeten Partito Nazionale Fascista (PNF) schon im Oktober 1922 das Amt des Ministerpräsidenten und damit die Macht übergab, formierte sich antifaschistischer Widerstand gegen in Italien viel früher als in anderen Ländern. Zweitens war dieser von Anfang an in sehr viel breiteren Bevölkerungsschichten verankert als in Deutschland oder Frankreich. Drittens verband sich in Italien der Kampf um nationale Befreiung und um soziale Emanzipation so eng wie in keinem anderen Land. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Kommunistische Partei Italiens (KPI), die erste und größte kommunistische Massenpartei in Westeuropa. Ihr theoretischer Kopf , Antonio Gramsci (1891-1937), formulierte schon in den 1920er Jahren unter dem Motto »historischer Block« die Strategie, den Kampf für den Sozialismus mit der Verteidigung bzw. Eroberung der Demokratie zu verknüpfen.

Gerhard Feldbauer, ausgewiesener Kenner der Geschichte Italiens, erinnert in seinem neuen Buch an die Resistenza, würdigt deren Opfermut, klagt deutsche Kriegsverbrechen an und diskutiert Defizite in der Abrechnung mit dem Faschismus nach der Befreiung des Landes von Mussolini und den deutschen Okkupanten.

Im August 1934 schloss sich die sozialistische Partei (PSI) mit den Kommunisten zu einer Aktionseinheit zusammen, die bis zum Kriegsende Bestand haben sollte. Zusammen mit der Radikaldemokratischen Aktionspartei von Ferruccio Parri (1890-1981) und Ugo La Malfa (1903-1979) und dem linken Flügel der Christdemokraten unter Alcide De Gasperi (1891-1954) gründeten sie den Comitato di Liberazione (CLN) und Comitato die Liberazione Nazionale. Alta Italia (CLNAI). Deren Partisanenformationen, unter dem Kommando des Kommunisten Luigi Longo (1900-1980) und des Sozialisten Sandro Pertini (1896-1988), den späteren Staatspräsidenten, standen, kämpften nach der deutschen Besetzung Norditaliens im September 1943 gegen sage und schreibe 15 Divisionen der Wehrmacht.

Zwei Monate zuvor waren die Alliierten in Sizilien gelandet. Ende Juli war Mussolini in einer Palastrevolution gestürzt worden. Mit Billigung des Königs bildete Marschall Pietro Badoglio (1871-1956) eine Militärregierung, in der KPI und PSI »untergeordnete Ministerien« erhielten. Nach 18 Jahren Exil übernahm Palmiro Togliatti (1893-1946) die Führung der KPI.

Im September 1943 schloss Badoglio mit den Alliierten einen Waffenstillstand und erklärte Hitlerdeutschland im Monat darauf den Krieg. Woraufhin die Wehrmacht rund 600 000 italienische Soldaten in die Kriegsgefangenschaft führte; die Mehrheit wurde als Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert. Auch auf das in Salò am Gardasee residierende Marionettenregime unter Mussolini mit dem irreführenden Namen Repubblica Sociale Italiana geht Feldbauer ein. Sodann beleuchtet er das widersprüchliche Verhältnis der Alliierten zur Widerstandsbewegung. Einerseits anerkannten sie das Befreiungskomitee CLN als Regierungsorgan, andererseits verpflichteten sie es, »sämtliche Weisungen des US-Oberkommandos auszuführen«. Das führte laufend zu Spannungen und belastete das Verhältnis von KPI und PSI zu den Christdemokraten und Liberalen.

Das breite Aktionsbündnis des CLN zerfiel schließlich unter dem Druck des mit Churchills Rede in Fulton im März 1946 beginnenden Kalten Kriegs. Die KPI stimmte der Entwaffnung der Partisanen, einer Amnestie unter dem Zeichen »Nationale Versöhnung« sowie der fortdauernden Geltung der Lateranverträge zu. Ein demokratischer Umbau des Landes, wie ihn die Widerstandsbewegung beabsichtigte, kam so nicht zustande.

Feldbauers Buch ist informativ, aufschlussreich und liest sich flüssig. Leider sind einige italienische Wörter falsch geschrieben. Hier hätte man sich einen aufmerksameren Lektor gewünscht.

Gerhard Feldbauer: Die Resistenza. Italien im Zweiten Weltkrieg. PapyRossa, Köln. 126 S., br., 9,90 €.

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