Ohne Masterplan
Gabriele Oertel zu Taten- und Ideenlosigkeit der Wohnungspolitik
Wieder einmal ist der Tiefpunkt erreicht. Mit schöner Regelmäßigkeit machen Mieterbündnisse, Institute und verantwortliche Wohnungspolitiker auf die - jeweils jüngst verfügbaren - Zahlen über Lücken im sozialen Wohnungsbau aufmerksam. Rechnen vor, wann, wo und wie viele preiswerte Quartiere für die weniger gut Betuchten vom Markt verschwunden sind. Ein kurzer großer Aufschrei unterbricht sträfliche Gelassenheit, Schweigen und Untätigkeit - und verfällt selbst alsbald dem Vergessen.
Dass mehr als vier Millionen Sozialwohnungen in der Bundesrepublik fehlen, ist seit mehr als zwei Jahren bekannt. Und dennoch schrumpft der ohnehin kleine Bestand - im letzten Jahrzehnt im Schnitt um jährlich 100 000 öffentlich geförderte, mietpreisgebundene und also bezahlbare Wohnungen. Nur noch jeder fünfte finanzschwache Haushalt hat überhaupt die Chance, eine Sozialwohnung zu bekommen.
Doch von einem »Masterplan«, wie er bereits vor Jahren gefordert worden war, ist die Bundesrepublik weit entfernt. Bund und Länder schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu: Die Bundesregierung beklagt, dass in den Ländern die für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zugewiesenen Millionen zum Teil zweckentfremdet werden - die Länder, dass das Geld hinten und vorn nicht reicht. Dass dieses reiche Land, das sich so gern als europäischer Zuchtmeister geriert, eine handfeste Wohnungsnot insbesondere für Ärmere hat, ist unbestritten. Der nächste Aufschrei kommt bestimmt. Spätestens im nächsten Sommer.
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