Die Makkabi-Patin

Sarah Poewe holte 2004 als erste jüdische Sportlerin seit dem Holocaust eine Olympiamedaille für Deutschland

  • Kristina Puck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Schwimmerin Sarah Poewe holte als erste deutsch-jüdische Sportlerin 2004 eine Olympiamedaille. Nun engagiert sie sich für die Makkabi Spiele, die zum ersten Mal in Deutschland stattfinden.

Von der historischen Dimension ihres Erfolgs hat Sarah Poewe nicht sofort etwas geahnt. Als die Schwimmerin bei den Sommerspielen 2004 in Athen aus dem Becken stieg, wusste sie noch nicht, dass sie die erste jüdische Sportlerin ist, die nach 1936 für Deutschland eine Olympiamedaille holte. »Das habe ich erst nach den Olympischen Spielen mitbekommen. Das hat mir irgendjemand danach erzählt«, schildert Poewe und bemerkt mit verständlichem Stolz an: »Ich habe Geschichte geschrieben. Das ist überraschend und bewundernswert.«

Gemeinsam mit Franziska van Almsick, Antje Buschschulte und Daniela Götz gewann sie damals in der Lagenstaffel über 4 x 100 Meter Bronze. Sie selbst preschte auf der Bruststrecke durch das Wasser. Vor knapp drei Jahren hat Poewe ihre Karriere beendet. Doch an einem historischen Sportereignis beteiligt sich die 32-Jährige momentan wieder - in einer Rolle am Rande des Beckens: Sie ist Patin der Schwimmwettbewerbe bei den 14. Europäischen Makkabi Spielen.

In Berlin kämpfen 70 Jahre nach dem Ende der Judenverfolgung derzeit 2300 Amateursportler um Medaillen. Hauptaustragungsstätte ist der Olympiapark. Auch die Schwimmer messen sich auf dem Gelände, das 1936 Schauplatz der Olympischen Spiele der Nationalsozialisten war. Dass jüdische Sportler nun dorthin zurückkehren, ist ein »wichtiges historisches Symbol«, betonte Bundespräsident Joachim Gauck bei der Eröffnung. »Schade, dass ich nicht als Sportlerin teilnehmen kann«, findet Poewe.

Die sechsmalige Kurzbahn-Europameisterin war zuvor noch nie bei den jüdischen Sportspielen dabei, obwohl sie Einladungen bekam. Ihr fehlte die Zeit. Entweder war sie durch ihr Studium in den USA gebunden. Oder sie bereitete sich auf eine EM, WM oder Olympia vor. Nun hat sie sich selbstständig gemacht, arbeitet in Wuppertal als Personal Schwimmtrainerin und kann sich die Zeit für die jüdischen Spiele einrichten. Vor allem ihre Großeltern wären stolz gewesen, dass sie als Repräsentantin in Berlin dabei ist, sagt Poewe und berichtet von der traurigen Vergangenheit: »Meine Urgroßeltern waren im Holocaust. Die wurden ermordet«, sagt sie. »Meine Großeltern stammen aus Litauen und sind dann nach Südafrika geflüchtet.«

Poewes Mutter ist Jüdin, ihr Vater Protestant. Ihre Mutter lebt noch in Südafrika. Mit ihr verbrachte sie jüdische Feste. 2001 wechselte die Athletin zum Deutschen Schwimm-Verband. In ihrer Karriere hat die viermalige Olympiateilnehmerin Religion und Sport stets getrennt. »Das war immer etwas sehr Privates für mich und hatte immer eine sehr starke Bedeutung«, erzählt sie. »Es war nicht so, dass ich es verstecken wollte. Aber die Religion hatte nichts mit dem Sport zu tun. Religion und Erfolg waren zwei verschiedene Sachen für mich.«

Bei den Makkabi Spielen sind Religion und Sport eng verbunden. Hochschwanger ist sie dafür nach Berlin gekommen, die 32-Jährige erwartet ein Mädchen, und weilt bis Freitag in der Stadt. Der Gedanke an ihren historischen sportlichen Erfolg bleibt länger. Eine Ausstellung vor dem Hauptbahnhof zeigt eine Silhouette, die darstellt, wie sie vom Startblock springt. Die Ausstellung soll vor allem auf das Schicksal jüdischer Sportler in der Vergangenheit aufmerksam machen. Poewe schlägt die Brücke zur Gegenwart. dpa

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