Mühelos abnehmen?

Von Iris Rapoport , Berlin und Boston

  • Iris Rapoport
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie viele wohl träumen davon? Natürlich ist hier nicht von einer weiteren ultimativen Diät die Rede, sondern von der Idee, unsere Fettzellen anzuregen, übermäßig Zugeführtes selbst zu »verbrennen«. Doch unser weißes Fettgewebe, eben jenes, von dem bei so manchem großer Überschuss herrscht, ist dazu nicht in der Lage. Denn es soll Reserven für Ausdauerleistung oder Hungerzeiten speichern und nicht etwa selbst verbrauchen. Deshalb fehlen ihm auch die »Kraftwerke der Zelle«, die Mitochondrien, fast völlig. Wenn etwa Muskeln Energie benötigen, werden in den Fettdepots Fettsäuren mobilisiert und über den Blutstrom angeliefert. In den Mitochondrien der Muskelzellen erfolgt der Abbau zu CO2, das ausgeatmet wird, und Wasser. Dabei verpufft kaum Energie als Wärme, denn der Abbau ist streng mit der chemischen Speicherung der freiwerdenden Energie als ATP (Adenosintriphosphat) gekoppelt. Um abzunehmen muss man diese ATP-Energie verbrauchen - das kostet Mühe!

In der Säuglingszeit verfügen wir zusätzlich noch über anderes, braunes Fettgewebe. Dessen Zellen besitzen viele eigene Mitochondrien, deren eisenhaltige Proteine ihm auch die Farbe verleihen. In diesen Mitochondrien geschieht etwas, was in Kraftwerken sonst möglichst verhindert wird. Anstatt die Energie verlustlos umzuwandeln, wird diese durch ein Entkopplungs-Protein (UCP1) als Wärme freigesetzt. Das sieht nach Vergeudung aus. Ist es aber ganz und gar nicht, weil es uns gleich nach der Geburt vor vielleicht tödlicher Unterkühlung bewahrt.

Beim Erwachsenen greift ein anderer Kälteschutz. So finden sich bei ihm nur noch wenige Reste des braunen Fettgewebes und die sind oft nicht einmal aktiv. Genau da wünscht man pharmazeutisch einzugreifen.

Zellen des Fettgewebes übergewichtiger Erwachsener sollen in beigefarbene umgewandelt werden, die wie die braunen eigene Mitochondrien besitzen. Entkoppelt vom aktiven Energiebedarf und Verbrauch, würden in ihnen Fettsäuren stetig verbrannt. Ein Medizinerteam um Alexander Pfeifer von der Uni Bonn berichtet im Fachjournal »Nature Communications« (DOI 10.1038/ ncomms8235) über eine solche erfolgreiche Umwandlung. Bei Mäusen konnten die Forscher mit einem experimentellen Wirkstoff nicht nur die Fettzellen umwandeln, sondern auch das Gewicht der Tiere verringern.

Das klingt sehr verlockend: Klappt es auch beim Menschen, könnten Fettpolster zukünftig vielleicht einfach als CO2 ausgeatmet und weggeschwitzt werden! Noch ist es aber wohl zu früh, freudig das baldige Ende aller überschüssigen Pfunde zu feiern. Es gilt zunächst, die Ergebnisse für den Menschen zu bestätigen und vor allem zu zeigen, dass sich unerwünschte Nebeneffekte in medizinisch vertretbaren Grenzen halten. Denn der Versuch, die gestörte Gewichtsregulation durch Eingriff in das Temperaturregulationssystem zu korrigieren, kann durchaus unkalkulierbare Gefahren bergen.

Es ist zu hoffen, dass die Entwicklung auf diesem Gebiet denen, die krankhaft an Übergewicht leiden, helfen wird. Doch an sinnvoller Ernährung und Bewegung führt zukünftig sicher auch kein künstlich vermehrtes braun-beiges Fettgewebe vorbei.

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