Sitzenbleiben

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Mit einem sprichwörtlichen blauen Auge ist ein Schüler aus Niedersachsen eben nicht davon gekommen. 2013 musste der Junge, der die Bluterkrankheit hat, stationär im Krankenhaus behandelt werden, nachdem ihm ein Sitznachbar den Stuhl unterm Hintern weggezogen hatte. Der heute 17-Jährige erlitt Prellungen und Blutergüsse. Die Klage gegen seinen Mitschüler auf Schadenersatz wurde Mitte dieser Woche dennoch von einer Amtsrichterin in Hannover abgewiesen. Der Vorfall sei als Schülerstreich einzustufen, meinte die Richterin mit Hinweis auf Urteile des Bundesgerichtshofes in ähnlichen Fällen. Für den »Täter«, der beteuert, von der Erkrankung seines Mitschülers nichts gewusst zu haben, ist die Sache wahrscheinlich noch nicht ausgestanden. Der Anwalt des Geschädigten kündigte an, zusammen mit seinem Mandanten zu prüfen, ob sie Berufung gegen das Urteil einlegen.

Wäre das Opfer damals sitzengeblieben, wäre es möglicherweise nicht verletzt worden. Das ist jetzt im übertragenen Sinne gemeint. Jahr für Jahr müssen Hunderttausende von Schülern in Deutschland die Klasse wiederholen, ein Vorgang, der im Volksmund auch »Sitzenbleiben« genannt wird. Allein in Bayern sind davon rund 30 000 Schülerinnen und Schüler betroffen. Pünktlich zum Ferienbeginn in Bayern hat die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, sich für eine Abschaffung des Sitzenbleibens ausgesprochen. Das Sitzenbleiben demütige die Kinder und vergifte das Schulklima. Vielleicht war ja auch der Übeltäter aus Hannover ein Klassenwiederholer, wer weiß. jam

Foto: iStock/shayes17

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