Obama kämpft für Iran-Abkommen

Gespaltene Reaktionen auf Grundsatzrede des US-Präsidenten zu Atom-Vereinbarung

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 4 Min.
US-Präsident Obama wirbt massiv für den Atom-Deal mit Iran. Doch auch nach seiner Grundsatzrede am Mittwoch (Ortszeit) muss er noch viel Überzeugungsarbeit im Washingtoner Kongress leisten.

Von der »New York Times« gab es danach viel Lob für Barack Obama. Der Präsident habe in seiner Grundsatzrede an der Amerikanischen Universität »mit starken Argumenten für das Atomabkommen mit Iran geworben« und »die Kritik der Gegner entkräftet«. Zu Recht habe er zudem vor Schaden für die Glaubwürdigkeit der USA und für die globale Sicherheit gewarnt, wenn der von den Republikanern dominierte Kongress die Vereinbarung ablehne. Sollte das Abkommen scheitern, so Obama, bliebe als einzige Option ein militärisches Eingreifen, um Iran vom Bau einer Atombombe abzuhalten.

Auch für die »New York Times« besteht kein Zweifel: Das Argument, ein besseres Ergebnis wäre möglich gewesen, hätten die Verhandlungsführer nur hartnäckig genug darauf gepocht, dass Teheran kapitulieren und seine Atomanlagen vollständig demontieren müsse, greife nicht. »Das wäre nicht durchzusetzen gewesen.«

Für Obama ist das Abkommen nicht nur die »beste Wahl aus Alternativen, sondern der stärkste Atomwaffensperrvertrag, der je verhandelt wurde« - basierend auf der Stärke von Diplomatie. »Das Streben nach Frieden ist weniger dramatisch als das Streben nach Krieg. Dennoch ist dies unsere dringlichste Aufgabe«, zitierte er Ex-Präsident John F. Kennedy, der 1963 an gleicher Stelle für atomare Vereinbarungen mit dem Erzfeind Sowjetunion geworben hatte. Lehne der Kongress heute das Abkommen mit Teheran ab, »macht er nicht nur den Weg frei für eine iranische Atomwaffe, sondern würde diesen Prozess sogar beschleunigen«, so Obama.

Deshalb sei das Votum im Washingtoner Parlament die wichtigste politische Entscheidung seit dem Irak-Krieg. Ein atomar bewaffneter Iran sei viel gefährlicher für die USA und für Israel als ein Iran, der von der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen profitiert, argumentierte der Präsident mit Blick auf den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu, der die Vereinbarung scharf kritisiert und die Juden in den Vereinigten Staaten aufgerufen hat, sich gegen das Atomabkommen auszusprechen. Doch nicht alle in Israels Führung folgen ihm dabei. Präsident Rivlin etwa mahnte der Zeitung »Haaretz« zufolge zu Zurückhaltung. Die Beziehungen zu den USA seien für die eigene Außenpolitik von äußerster Bedeutung, Israels Interessen dürften nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Dass die Republikaner - zumal die Präsidentschaftskandidaten, die sich am Donnerstag in einer ersten Fernsehdebatte zu profilieren versuchten - diese Sicht auch nach seinem Appell, eine historische Chance nicht verstreichen zu lassen, massiv ablehnen, dürfte Obama kaum überraschen. Aber auch aus Teheran gab es heftige Kritik. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bezeichnete am Donnerstag die Rede als unsachlich. Vor allem die »Behauptung, dass der Deal Iran den Weg zu einer Atombombe blockiert habe«, verärgerte ihn. Denn: Iran habe nie eine Atombombe bauen wollen und werde es nie wollen. Auch an den Krisen in der Region und der Ausweitung des Terrorismus sei nicht die Islamische Republik schuld, sondern die unüberlegte Nahost-Politik der USA und ihrer Verbündeten. »Daher war die Rede des Präsidenten mehr innenpolitisch orientiert, um die Kritiker im eigenen Land und besonders die Zionisten zu beruhigen«, so Sarif. Die USA müssten auch »das kostbare Vertrauen der iranischen Bevölkerung gewinnen«.

Vor allem aber muss die Obama-Regierung jetzt Senatoren und Abgeordnete zu Hause vom Nutzen des Atomabkommens überzeugen. Am Mittwoch erhielt sie dabei Unterstützung von Yukiya Amano, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), der den Auswärtigen Ausschuss des Senats in nicht-öffentlicher Sitzung über Details der Vereinbarung informierte. Die Kammpage soll nun in vertraulichen und öffentlichen Briefings sowie in Einzelgesprächen fortgesetzt werden. Am 17. September läuft die Prüffrist für den Vertrag ab, die der Kongress dem Weißen Haus abgerungen hat.

Der Widerstand unter den in beiden Häusern dominierenden Republikanern ist massiv, auch diverse Demokraten sind eher skeptisch. Stimmt eine Mehrheit der Abgeordneten und Senatoren nach Ablauf der Frist gegen das Abkommen, kann - und will - der Präsident dieses Votum mit seinem Veto zurückweisen. Um ihn wiederum zu überstimmen, müsste der Kongress innerhalb von zehn Tagen nun eine Zweidrittelmehrheit in Repräsentantenhaus wie Senat organisieren. Auch deshalb braucht Obama jede Stimme aus den eigenen Reihen.

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