Verjüngungskur für Dresdens Diva

Vor 30 Jahren war die Wiedereröffnung der Semperoper ein Prestigeprojekt der DDR - nun wird nachgebessert

  • Jörg Schurig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die ehrwürdige Semperoper in Dresden ist in die Jahre gekommen. 30 Jahre nach Wiedereröffnung des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Hauses wird nun erstmals der Innenraum renoviert.

Für den Architekten Christian Kopp ist die Semperoper die »schönste Baustelle der Welt«. »Ich hätte nicht zu Träumen gewagt, dass ich hier mal als Bauleiter arbeiten werde. Das ist wie eine Belobigung«, sagt der 66-Jährige.

Kopp steht auf einem Gerüst kurz unterhalb der Decke und hat seine Baustelle von hier aus bestens im Blick. Bis zu 50 Arbeiter diverser Gewerke sind dabei, den Innenraum des Opernhauses zu renovieren - erstmals seit der Wiedereröffnung am 13. Februar 1985. Am 5. September soll der Saal wieder in ursprünglichem Glanz erstrahlen. Das Land Sachsen gibt dafür 1,1 Millionen Euro aus.

30 Jahre Dauerbetrieb mit einer durchschnittlichen Auslastung von mehr als 90 Prozent haben in der Semperoper Spuren hinterlassen. Auf das Parkett trifft das im wahrsten Sinne des Wortes zu - die Stöckelschuhe der Damen haben mit ihren Abdrücken schon früher regelmäßig in den Theaterferien die Parkettschleifer anrücken lassen. Nun soll der Boden nicht mehr versiegelt, sondern nur noch gewachst und alljährlich gereinigt werden. Manche Besucher verschütteten Sekt, der über die Brüstung voller Stuck lief und einen Wasserschaden der edleren Art hinterließ. Und bei der Reinigung der Brüstungen fand sich jetzt sogar der eine oder andere angeklebte Kaugummi.

Hans-Christoph Walther war schon als Malerlehrling Anfang der 1980er-Jahre beim Wiederaufbau dabei und hat damals in einem Vestibül sein Gesellenstück gemacht. Nun reinigt er mit einigen Kollegen das Deckengemälde.

Ein bisschen kommt es Walther vor, als würde er sein eigenes Wohnzimmer renovieren. »Ich fühle mich wie vor 30 Jahren. Wir verjüngen das Haus ja auch um 30 Jahre«, sagt er. Er bearbeitet die Flächen mit einem Schwamm und retouchiert fehlerhafte Stellen. Wie alle anderen Restauratoren hat er immer einen Föhn dabei. Denn jede der ausgebesserten Flächen muss sofort getrocknet werden, weil sonst Wasserränder entstehen.

Architekt Kopp spricht mit Hochachtung von denen, die damals das Opernhaus wiedererrichteten. »Alles, was wir jetzt beim Renovieren im Detail gesehen haben, ist vom Feinsten.« Kopp ist überzeugt, dass die Baumeister das Maximale herausgeholt haben.

Tatsächlich war die Semperoper ein Prestigeprojekt der DDR. Rund 225 Millionen DDR-Mark ließ sich der Arbeiter- und Bauernstaat den Wiederaufbau seinerzeit kosten. Und die internationale Opernwelt schaute gespannt zu. Denn Dresden hatte früher als Hochburg des Musiktheaters europaweit einen guten Ruf. Der Bau wurde zugleich zu einem Beleg für das Niveau diverser Gewerke. Bis auf ein wenig Blattgold war alles »Made in GDR«.

30 Jahre später wird nun wieder gebaut. Direkt neben der Oper entsteht in einem der früheren Funktionsgebäude eine zusätzliche Studiobühne. Die Semperoper wünscht sich vor allem Kinder und Jugendliche als Gäste in diesem Nebenhaus.

Diese Art von Kinderoper war ein Traum der 2012 gestorbenen Intendantin Ulrike Hessler. Bis Sommer 2016 soll er nun Realität werden. Die Kosten belaufen sich auf sechs Millionen Euro. Äußerlich wird sich an dem Gebäude allerdings kaum etwas ändern. Die Fassade steht als Architektur der Moderne nämlich unter Denkmalschutz.

Nur drinnen wird alles ganz anders sein. dpa

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