Dramatische Lage in österreichischem Asylbewerberlager
Amnesty International beklagt Menschenrechtsverletzungen in Aufnahmezentrum Traiskirchen
Wien. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die dramatische Lage in einem überfüllten Asylbewerberlager nahe Wien scharf kritisiert. Besonders prekär sei die Situation der rund 1700 unbegleiteten Minderjährigen im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, erklärte Amnesty-Sprecherin Daniela Pichler am Freitag. Diese seien nicht hinreichend geschützt und völlig sich selbst überlassen. Nach Angaben des österreichischen Innenministeriums sind diese Woche 4000 Flüchtlinge in dem für 1800 Menschen eingerichteten Lager untergebracht. Mehr als 2200 davon sind minderjährig.
Rund 1500 Menschen schlafen derzeit in Traiskirchen unter freiem Himmel, wie Amnesty nach einem Besuch des Lagers durch mehrere seiner Experten erklärte. Diese kritisierten zudem den mangelhaften Zustand der sanitären Anlagen. Angeprangert wurden laut der Nachrichtenagentur APA in dem Amnesty-Bericht ferner die langen Wartezeiten bei der Ausstellung von Identitätskarten sowie die geringe Zahl von Ärzten und Psychologen. Zudem hätten die Duschnischen keine Vorhänge. Durch die Bedingungen in Traiskirchen würden mehrere Menschenrechtskonventionen verletzt, hieß es zusammenfassend.
Vor zwei Wochen hatte die Regierung in Wien entschieden, keine weiteren Flüchtlinge mehr in Traiskirchen aufzunehmen. Angesichts des Widerstandes der Bundesländer, mehr Asylsuchende zu empfangen, könnte Wien diesen bald Aufnahmequoten auferlegen.
In dem 8,5 Millionen Einwohner-Land kommen derzeit täglich mehrere hundert Flüchtlinge vor allem aus den Transitländern Serbien und Ungarn an. In diesem Jahr rechnet Österreich mit mehr als 80.000 Flüchtlingen - im vergangenen Jahr waren es 28.000. Die meisten Menschen sind über die Türkei aus Syrien, dem Irak und Afghanistan gekommen.
Der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos erklärte am Freitag, die Welt erlebe derzeit »die schlimmste Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg«. AFP/nd
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