Gerichte reden oftmals ein Wörtchen mit

Nachbarrecht: Leben im Freien

  • Lesedauer: 4 Min.
Sommer - die meisten Menschen verbringen viel Zeit im Freien. Im Garten, auf dem Balkon und auf der Terrasse wollen sie all das tun, worauf sie in der kalten Jahreszeit verzichten mussten. Doch dem Freiheitsdrang setzt die Justiz manchmal Grenzen. Wenn die Belange anderer betroffen sind, dann müssen die eigenen Interessen zurücktreten.

Der Infodienst Recht und Steuern der Landesbausparkassen (LBS) hat Urteile deutscher Gerichte aufgegriffen, in denen es um das Thema Garten und Balkon geht. Dabei zeigt sich, dass die Richter durchaus flexibel denken. Mal räumen sie den Entfaltungswünschen der Gartenfreunde den Vorrang ein, mal betonen sie den Schutz der Nachbarn.

Die Sache mit dem Findling

Ein steinerner Findling auf einer Rasenfläche kann vielerlei Funktionen haben - als Zierde oder um unerwünschtes Parken von Autos zu verhindern.

Letzteres hatten die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinn. Sie beschlossen mehrheitlich, aber gegen den Willen eines Eigentümers, zwei bis drei stattliche Findlinge aufstellen zu lassen.

Das durften sie aber nach Überzeugung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 34 C 94/12) gar nicht. Denn solch eine Aktion geht weit über eine bloße gärtnerische Gestaltung hinaus. Sie stellt eine bauliche Veränderung dar und bedarf einer einstimmigen Beschlussfassung.

Feuerwerk als Vogelschreck

Vögel können große Schäden anrichten, wenn sie die geplante Obsternte einfach so wegfressen. Besonders schlimm ist das bei landwirtschaftlichen Betrieben, deren Verantwortliche sich immer neue Maßnahmen zum Verscheuchen der Tiere mit akustischen und pyrotechnischen Anlagen einfallen ließen.

Doch ist zumindest dann Vorsicht geboten, wenn in der Nachbarschaft ein Wohngebiet liegt. In diesem Falle müssen sich die Landwirte laut Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Az. 10 S 1663/11) zurückhalten. Größere Lärmeinwirkungen sind den Anwohnern nicht zumutbar, die Geräuschentwicklung muss eingedämmt werden.

Stabile Blumenkästen

Zu den vergleichsweise harmlosen Sommerhobbys von Mietern gehört es, auf dem Balkon Blumen zu pflanzen. Besonders bieten sich dazu spezielle Blumenkästen an, die an der Außenseite der Brüstungen angebracht oder eingehängt werden. Ein Wohnungseigentümer bestand auf einer Entfernung, da diese ein Sicherheitsrisiko für Passanten darstellten.

Das Amtsgericht Charlottenburg (Az. 235 C 169/11) aber meinte, die Einrichtung mache einen stabilen Eindruck. Außerdem zeige die Lebenserfahrung, dass in Berlin nicht ständig Menschen und Sachen wegen herabfallender Balkonkästen gefährdet würden.

Nicht nur zur Weihnachtszeit

Aber wie sieht es mit einer Lichterkette aus, die - von außen gut sichtbar - an einem Balkon angebracht wird? Überschreitet ein Mieter dadurch die Grenzen des Zulässigen und trägt er dazu bei, dass eine Immobilie als Ganzes plötzlich auf Außenstehende unseriös wirkt?

Das Amtsgericht Eschweiler (Az. 26 C 43/14) bestritt das. Es sei inzwischen nicht nur zur Weihnachtszeit weit verbreitete Sitte, solche Lichter am Balkon anzubringen. Die Kette durfte trotz des Widerspruchs des Eigentümers bleiben.

Pavillon auf der Terrasse

Nicht ganz so einfach ist es, wenn ein Mieter in den Sommermonaten plötzlich einen Pavillon auf seiner Terrasse aufstellt. Das bewegt sich nach Ansicht der Justiz nicht mehr im Rahmen des Üblichen.

Die Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der Immobilie seien erheblich, so das Amtsgericht Berlin-Spandau (Az. 6 C 281/12). Deswegen hätte der Mieter vorher fragen müssen. Das sei ähnlich wie bei einem weithin sichtbaren Katzennest, das den optischen Eindruck eines Anwesens verändere.

Die Hecke bleibt

Erdgeschossbewohner (und damit meistens auch Sondernutzungsberechtigte für bestimmte Gartenteile) können aber auch nicht für alles verantwortlich gemacht werden.

So forderte ein im ersten Obergeschoss wohnender Eigentümer, der Eigentümer im Erdgeschoss müsse eine störende Kirschlorbeerhecke entfernen. Der weigerte sich. Er habe diese Hecke weder gepflanzt noch sonst irgendetwas mit ihr zu tun.

Das Landgericht Hamburg (Az. 318 S 130/12) konnte auch nicht recht erkennen, auf welcher Rechtsgrundlage nun ausgerechnet der Beklagte dazu gezwungen werden könnte, den Lorbeer zu entfernen. Es handle sich hier offensichtlich um Gemeinschaftseigentum, für das dann auch die Gemeinschaft zuständig sei.

Mauerbau

Der Gestaltungsdrang bei den Eigentümern von Sondernutzungsflächen reicht manchmal sehr weit. So errichtete ein Betroffener eine massive Steinmauer in dem Teil des Gartens, für den er zuständig war. Das gefiel den Miteigentümern ganz und gar nicht. Sie vertraten die Meinung, sie hätten zumindest vorher um eine Zustimmung gebeten werden müssen.

Das sah auch das Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-13 S 82/12) so. Hier handle es sich - sogar auf einer Sondernutzungsfläche - um eine erhebliche Veränderung des Erscheinungsbildes einer gesamten Immobilie. Von üblicher Gartengestaltung könne man nicht mehr sprechen.

Die »Hütte« muss weg

Die Errichtung von Gartenhäusern und Freisitzen ist in vielen Situationen durchaus erlaubt. Doch stößt auch hier der Expansionsdrang mancher Eigentümer/Mieter auf Grenzen.

Ein größeres Gartenhaus von mehr als 30 Kubikmetern Rauminhalt ist nach Urteil des nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen (Az 6 K 3801/11) zu viel des Guten. Es hätte zuvor auf ordnungsgemäßen Wegen beantragt werden müssen. Weil das nicht geschehen war, entschieden die Richter auf Abriss. Die Anlage sei so, wie sie sich jetzt darstelle, ohnehin kaum genehmigungsfähig. LBS/nd

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