Kein Geld für Kritik
Israels Kulturministerin arbeitet mit Nachdruck daran, Kunst und Kultur einzuschränken
Die Cinematequen in Tel Aviv, Jerusalem und Haifa sind immer wieder für eine Überraschung gut: Gerade ist noch ein Hollywood-Blockbuster gelaufen, da beginnt plötzlich ein einheimischer Film aus den 60ern. Und wahrscheinlich würde der Streifen vor leerem Saal laufen, wenn da nicht die Sache mit den Jahresabos wäre: Tausende zahlen einmal im Jahr um die umgerechnet 160 Euro, und können sich dafür so viele Filme anschauen, wie sie wollen.
Ein Konzept, mit dem es bald vorbei sein könnte: Denn die Einrichtungen werden vom Staat subventioniert. Und dort arbeitet Kulturministerin Miri Regev, eine Likud-Politikerin, die einst Chefzensorin des Militärs war, mit Nachdruck daran, Kunst und Kultur einzuschränken: Zum Jahresende will sie neue Förderrichtlinien vorlegen. Den Vorrang sollen dann kulturelle Einrichtungen in der Peripherie erhalten, wozu auch die israelischen Siedlungen in Palästina gehören. Außerdem sollen bestimmte Bevölkerungsgruppen begünstigt werden. Keine Förderung sollen Einrichtungen oder Werke erhalten, die sich kritisch mit Geschichte, Politik oder Militär auseinandersetzen.
Dabei reicht es der Ministerin schon, wenn ein Künstler bestimmte politische Ansichten vertritt: Als in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass der Dirigent Daniel Barenboim plant, mit der Staatskapelle Berlin in Teheran ein Konzert zu geben, kündigte Regev einen Brief an die Bundesregierung an: Barenboim, der auch die israelische Staatsbürgerschaft hat, verfolge eine anti-israelische Linie und missbrauche die Kultur zur Durchsetzung seiner politischen Ansichten.
Am Ende war es allerdings die iranische Regierung, die den Auftritt Barenboims untersagte; Iran erkenne das »zionistische Besatzungsregime« nicht an, und werde auch nicht mit Künstlern dieses Regimes zusammenarbeiten - eine Steilvorlage für die Kritiker Regevs, die ihre Zensurpolitik schnell mit den Einschränkungen in Iran verglichen.
Denn schon jetzt haben Kultureinrichtungen damit begonnen, Selbstzensur zu üben: So verhinderte die Stadtverwaltungen von Sderot und Be’er Schewa eine Aufführung der Dokumentation »Zittern in Gaza«, in der es um psychisch traumatisierte Opfer des Gazakrieges im vergangenen Jahr geht. Regev und rechte Organisationen hatten heftige Kritik an der Doku geäußert. Eine Dokumentation über Jigal Amir, der 1995 Israels Regierungschef Jitzhak Rabin erschoss, wurde außerhalb des Jerusalemer Filmfestes gezeigt, nachdem Regev damit gedroht hatte, die Förderung zurückzuhalten. Praktiziert hatte sie das zuvor bereits beim arabisch-israelischen al-Midan-Theater in Haifa: Dort wurde zu ihrem Unmut ein Stück über einen wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilten Palästinenser aufgeführt.
Legal ist das nicht: Die Generalstaatsanwaltschaft, die auch die Regierung in rechtlichen Fragen berät, stellte klar, dass Regev nicht dazu befugt ist, die Förderrichtlinien zu ändern oder genehmigte Fördermittel zurückzuhalten. Dies teilte die Generalstaatsanwaltschaft der Ministerin auch schriftlich mit. - die allerdings weitermachen will, wie bisher: »Wenn ich zensieren muss, dann zensiere ich«.
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