Plötzlich Verlierer

Bei der EM stehen die einst starken russischen Basketballer vor ihrer nächsten Pleite

Russlands Basketballer schauen auf eine erfolgreiche Vergangenheit zurück. Doch bei der EM 2015 setzt sich ihre Talfahrt fort. Der Olympiadritte von 2012 wird die Spiele in Rio wohl verpassen.

TV-Kommentatoren kommen noch heute ins Schwärmen, wenn sie vom spektakulären Ende des olympischen Basketballfinals 1972 in München sprechen. Die ersten sieben olympischen Turniere hatten die USA allesamt gewonnen, ohne auch nur ein einziges Spiel zu verlieren. Auch diesmal waren sie der große Favorit im Finale gegen die Sowjetunion. Doch ein Einwurf übers ganze Feld und der Korbleger von Alexandr Below in der allerletzten Sekunde beendeten die amerikanische Dominanz. Ein weiterer Olympiasieg 1988 sowie zwei WM-Titel, viermal EM-Gold und viele weitere Medaillen sollten sowjetische und russische Basketballer danach gewinnen. Sie waren fortan Favoriten, wo immer sie antraten.

Seit 2012 jedoch stockt die Medaillenfabrik, bei der aktuellen EM stehen die Russen nach drei Niederlagen kurz vor dem Vorrundenaus. Die Olympischen Spiele 2016 wären damit auch verpasst. Die Talfahrt seit der olympischen Bronzemedaille von London 2012 geht immer weiter, und sie hat viele Gründe. Die EM 2013 wurde auf Platz 21 beendet, die folgende WM komplett verpasst.

Das Ende des Erfolgs wurde mit dem Abgang des israelischen Trainers David Blatt eingeläutet, der mittlerweile in der NBA bei den Cleveland Cavaliers arbeitet. Dort spielen auch Timofei Mosgow und Sascha Kaun, bei der EM sind aber beide nicht dabei. Mosgow fehlt nach einer Knieoperation. Die NBA-Playoffs ließ ihn sein Arbeitgeber in den USA noch unter Schmerzen durchspielen, die EM musste er aber absagen.

Während der neue Nationaltrainer Jewgeni Paschutin auch auf die NBA-Stars Sergei Karasjow (Innenbandriss) und Alexei Schwed (Rückenschmerzen) verzichten musste, tat er es bei Kaun freiwillig. So verlor ein Team aus Spielern, die allesamt in der heimischen Liga ihr Geld verdienen, in Montpellier nun drei knappe EM-Vorrundenspiele gegen Israel, Polen und Finnland.

Sergei Monja, einer von nur vier Überbleibseln von London versteht die Basketballwelt nicht mehr. »2012 gewinnen wir noch Olympiabronze, und jetzt verlieren wir alle Spiele. Ich weiß nicht, was passiert ist«, sagte der 32-Jährige. »Wir bewegen uns rückwärts, also müssen wir etwas ändern. Ich hoffe, Andrei kann das.«

Monja spricht von Andrei Kirilenko. Russlands letzter Basketballstar, der 2012 das Team noch anführte, wurde im August zum Präsidenten der Russischen Basketballföderation RBF ernannt. Er soll den Verband aufräumen, denn eigentlich sind die Russen derzeit gesperrt. Wegen Führungsstreitigkeiten und juristischen Problemen war die RBF durch den Weltverband suspendiert worden, nach einer Anhörung ließ man das Team aber zur EM fahren. Kirilenko scharte weitere Ex-Stars als Berater um sich, für die Eurobasket fehlte aber die Zeit zum großen Wandel.

Zum Weiterkommen müssen nun zwei Siege her. Die scheinen aber unwahrscheinlich, schließlich heißt der nächste Gegner Frankreich. Die Franzosen spielen zuhause, haben ihre letzten sechs EM-Partien gewonnen, darunter das Endspiel 2013. Aber mit Favoriten kennen sich die Russen ja aus, auch wenn die letzte Sensation schon eine ganze Weile zurückliegt.

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