Die Hoffnungsträger sind zu alt

Die Eisbären Berlin sind vor dem Start in die 22. Saison der Deutschen Eishockey Liga nur verhalten optimistisch

Drei Teams werden vor dem Saisonstart der Deutschen Eishockey Liga als Favoriten genannt: Titelverteidiger Mannheim, München und Köln. Der Rekordmeister Eisbären Berlin ist nicht dabei.

Vor einer neuen Saison werden - egal in welcher Sportart - Trainer traditionell nach ihren Meistertipps befragt. Dass in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) diesmal nicht ein Coach den Rekordmeister und Seriensieger zwischen 2005 und 2013 (sieben Titel) auf dem Zettel hat, mag zunächst erstaunen, auf den zweiten Blick ist es jedoch nur folgerichtig. Denn nach dem Rückzug von Trainer Don Jackson erlebten die Eisbären Berlin in den vergangenen beiden Jahren ein sportliches Desaster. Sie verfehlten jeweils die Playoffs der besten acht Teams. Auch der im Winter als »Feuerwehrmann« geholte Ex-Bundestrainer Uwe Krupp hatte die Talfahrt nicht stoppen können.

Vor dem Saisonstart am Freitag im Heimspiel gegen Nürnberg sind die Berliner daher auch selbst nur verhalten optimistisch. Krupp gibt lieber gar keine Prognose ab, spricht aber immerhin von einer »starken Mannschaft«, die er beieinander habe. Nach sechs Wochen harter Vorbereitung sei sie auf einem gutem Weg. »Aber wir spielen in einer sehr ausgeglichenen Liga mit Feuer in jedem Spiel. Erst wenn wir einmal gegen jeden gespielt haben, wird sich zeigen, wo meine Mannschaft wirklich hingehört«, so Krupp. Auf alle Fälle wollen Cheftrainer und Management der Eisbären in die Erfolgsspur zurück und ein drittes Desaster in Serie unter allen Umständen vermeiden.

Alter Modus, mehr Geld und neue Abstiegsregel ab 2017

Die Deutsche Eishockey Liga geht in ihre 22. Saison und spielt die insgesamt 96. deutsche Meisterschaft aus.

Modus: 14 Klubs ermitteln in einer Doppelrunde mit insgesamt 52 Spieltagen die Playoff-Teilnehmer, wobei die ersten Sechs direkt im Viertelfinale stehen und die Teams auf den Plätzen sieben bis zehn um die letzten beiden Viertelfinalplätze spielen. Ab 15. März geht es dort im Modus »best of seven« weiter. Spätestens am 18. April steht der Meister fest.

Gesamtumsatz: Nach 107,4 Millionen Euro in der vergangenen Saison planen die Klubs in der neuen Spielzeit sogar mit Ausgaben von 115 Millionen Euro. Krösus ist München mit einem geschätzten Etat von 12,5 Millionen Euro, gefolgt von Köln (11 Millionen), Mannheim (10,8), Hamburg (10,5) und Berlin (10).

Abstiegsregel: Der seit vielen Jahren geforderte Auf- und Abstieg zwischen den beiden höchsten deutschen Spielklassen (DEL und DEL 2) soll ab 2017/2018 wieder eingeführt werden. Allerdings reicht nicht allein die sportliche Qualifikation. Zweitligisten müssen ihre Wirtschaftlichkeit und Standards in den Arenen nachweisen. Die potenziellen Aufsteiger müssen dazu die Sicherheit für eine 800 000-Euro-Gebühr der DEL erbringen. joh

Allerdings kommen Zweifel auf, ob diese Mannschaft die Playoffs erreichen kann. Der notwendige totale Umbruch ist ausgeblieben. Acht Spieler haben den Verein verlassen, sieben sind gekommen. Vier von ihnen sind Rückkehrer, die schon einmal im Berliner Trikot gespielt haben, darunter der als »Hoffnungsträger« gepriesene Verteidiger Micki DuPont. Er wurde mit den Eisbären zweimal Meister und spielte zuletzt sieben Jahre in der Schweiz. Er hat zweifellos Stärken in der Offensive, doch mit 35 Jahren ist die Verpflichtung des Kanadiers alles andere als ein Verjüngungssignal.

Echte Neuzugänge sind zwei Kanadier: der 30-jährige Verteidiger Bruno Gervais und der vier Jahre jüngere Stürmer Spencer Machacek, der aus Augsburg kam. Am Wochenanfang wurde überraschend noch der 28-jährige Stürmer Shuhei Kuji verpflichtet. Er wird der erste Japaner in den Reihen der Eisbären sein. Krupp hätte gern ein, zwei Spieler mehr gehabt, zumal der 50-jährige einstige NHL-Star längst erkannt hat, dass die Formkurve viele Leistungsträger nach unten zeigt und die vor Jahren verpflichteten Ausländer nur noch Mittelmaß sind.

Dass der wirkliche Umbruch ausblieb, hat in erster Linie finanzielle Gründe. Denn inzwischen hat der Multimilliardär und Klubeigner Philipp Anschütz aus den USA einen harten Sparkurs verordnet. Da viele Spieler langfristige Verträge besitzen, hätte eine vorzeitige Trennung viel Geld gekostet. Das fehlt auch, um neue Stars zu verpflichten. Hartmut Nickel, der 2014 mit 70 als Co-Trainer Abschied nahm, aber weiter im Management aktiv ist, legt den Finger in die Wunde: »Viele Spieler haben mit den Eisbären sportlich sehr viel erreicht. Die Frage ist: Wie können sie noch motiviert werden? Das größte Problem ist also ein mentales.« Immerhin bleiben die Fans ungebrochen optimistisch, dass die sportliche Wende gelingt. Wie sonst ließe sich der neue Rekord mit 5255 verkauften Dauerkarten erklären?

Blickt man auf das Favoritentrio, spricht viel für den Titelverteidiger Adler Mannheim um Marcel Goc. Er kehrt nach zwölf Jahren in Nordamerika und 699 NHL-Spielen in die heimische Liga zurück. Zudem haben sich die Kurpfälzer gezielt auf vier Positionen verstärkt. Der ambitionierte EHC München schlägt erneut forsche Töne an. »Wir wollen das beste Team in den Playoffs sein«, sagt Trainer Don Jackson. Das gleiche Ziel war schon in der vergangenen Saison mit dem sieglosen Scheitern im Viertelfinale verfehlt worden. Die Kölner Haie, die mancher Trainer ebenfalls zu den Titelanwärtern zählt, geht mit einem völlig umgekrempelten Team und zwölf Neuverpflichtungen aufs Eis. Die Kölner verloren 2013 und 2014 erst im Finale. »Das war frustrierend«, sagt Kapitän Moritz Müller. »Nun schauen wir positiv nach vorn.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -