Kipping nennt Flüchtlingspolitik menschenverachtend

Linke und Grüne kritisieren Rückkehr zu Grenzkontrollen / SPD-Chef Gabriel rechnet mit einer Million Flüchtlingen / Kontrollen auch im Grenzraum zu Belgien und Luxemburg

  • Lesedauer: 13 Min.

Update 17.15 Uhr: Grenzkontrollen belasten Polizei - »Notfalls Fußballspiele absetzen«
Angesichts der Wiedereinführung von Grenzkontrollen sieht der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, die Grenze der Belastbarkeit für die Bundespolizei erreicht. »Notfalls müssen Fußballspiele auch mal abgesetzt werden«, sagte Wendt am Montag in der Online-Ausgabe der »Mittelbayerischen Zeitung«. Ihre gesetzlichen Aufgaben würden die Beamten zwar erfüllen, doch für zusätzliche Einsätze fehlten nun die Kräfte, betonte er. Die Polizisten schöben bereits Überstunden in »galaktischer Zahl« vor sich her.

Update 16.30 Uhr: Industrie verteidigt Abschottung
Vertreter der deutschen Wirtschaft verteidigen die Wiedereinführung der Grenzkontrollen : »Die befristete Wiedereinführung der Grenzkontrollen ist richtig, um eine Überforderung selbst für ein gut organisiertes Land wie Deutschland zu verhindern und die Dringlichkeit einer europäischen Lösung deutlich zu machen«, erklärten die Präsidenten des Industrieverbandes BDI, des Industrie- und Handelskammertages (DIHK), der Arbeitgeberverbände BDA sowie des Handwerkverbandes ZDH.

Update 15.20 Uhr: Standorte für geplante Flüchtlings-Verteilzentren weiter offen
Die Verhandlungen über Verteilzentren für Flüchtlinge ziehen sich hin. Als Standorte im Gespräch sind neben Soltau-Fallingbostel in der Lüneburger Heide noch Berlin-Schönefeld und der Güterbahnhof am Flughafen Leipzig-Halle. Niedersachsen unterstützt Pläne für ein norddeutsches Flüchtlings-Verteilzentrum, sieht dabei aber vor allem den Bund in der Pflicht. Innenminister Boris Pistorius (SPD) geht »eher von Wochen denn Tagen« aus, bis das »Drehkreuz« in der Lüneburger Heide einsatzfähig ist.

Grund für die zähen Verhandlungen des Bundes sind die Briten, die bis zum Jahresende den Truppenübungsplatz noch selbst nutzen. Zudem soll die zu dem Gelände führende Bahnstrecke saniert werden.

Die direkt per Bahn ankommenden Flüchtlinge sollen in den Verteilzentren in Busse umsteigen und auf die Bundesländer verteilt werden. Einrichtung und Betrieb der Drehkreuze könnten Soldaten und Zivilbeschäftigte der Bundeswehr übernehmen, bot Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montag an. In München gibt es faktisch bereits ein solches Drehkreuz.

Update 14.10 Uhr: Flüchtlinge zahlen keinen Rundfunkbeitrag
Weil es öfter automatisiert verschickte Anschreiben für Flüchtlingsunterkünfte gab, hat der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio erneut betont, dass Asylbewerber vom Rundfunkbeitrag befreit sind. In einer Mitteilung vom Montag hieß es, Städte und Kommunen könnten dem Beitragsservice ihre Asylbewerberunterkünfte melden und so sicherstellen, dass die Menschen dort »nicht automatisch angeschrieben werden«. In den vergangenen Wochen hatte es öfter solche Fälle gegeben, was zu Verwunderung geführt hatte.

»Nur wenn wir wissen, wo eine Flüchtlingsunterkunft ist, können wir diese Adresse in unserem System sperren«, sagte Stefan Wolf, Geschäftsführer des Beitragsservice, laut Mitteilung. Alleine anhand der Meldedaten einer Person könne der Beitragsservice nicht wissen, dass es sich um Asylbewerber handle, da dies nicht in den Daten der Sozialbehörden stehe.

Update 13.40 Uhr: Abschottung vergrößert Leid der Flüchtlinge
Eva Bulling-Schröter, Landessprecherin der LINKEN in Bayern, hat die vond er CSU geforderten und inzwischen umgesetzten Grenzkontrollen, scharf kritisiert: »Diese Maßnahmen sollen Deutschland eine Atempause verschaffen. Doch die Menschen, die seit Wochen auf der Flucht sind, vor Armut, Verfolgung und Krieg, die Hunger leiden und kein Dach über dem Kopf haben, diese Menschen haben keine Atempausen«, so Bulling-Schröter. Die LINKEN-Politikerin erklärte, durch die Abschottungspolitik würden sich die Fluchtwege verlängern, das Leid damit vergrößern.

Update 12.50 Uhr: Kipping nennt Flüchtlingspolitik der Koalition menschenverachtend
LINKEN-Chefin Katja Kipping hat der Bundesregierung nach der Rückkehr zu Grenzkontrollen eine menschenverachtende Politik vorgeworfen. »Abschrecken, abschieben, abstrafen - das ist der menschenverachtende Dreiklang der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Juniorpartner der SPD«, sagte Kipping der Online-Ausgabe der »Welt« vom Montag. Dieser Kurs drohe den freiheitlichen Kern des europäischen Projekts zu zerstören.

Indem sie die Grenzen zu Österreich »verriegelt«, missachte die Bundesregierung das Leid tausender verzweifelter Menschen, kritisierte die Linken-Politikerin. Dies sei ein Signal aus Berlin an die Nachbarländer, diese sollten zusehen, wie sie mit der Situation klar kämen. Von der großen Koalition forderte Kipping ein »Bekenntnis zu einer echten europäischen Flüchtlingspolitik, mit offenen Grenzen für Menschen in Not«.

Update 12.40 Uhr: Sachsen bereitet Kontrollen an Grenze zu Tschechien vor
Sachsen hat mit der Vorbereitungen für Grenzkontrollen begonnen. »Die Vorgaben sind, dass der illegale Grenzübertritt vermieden werden soll«, sagte der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) am Montag zu MDR Info. »Das bedeutet, dass Kontrollen durchgeführt werden können.«

Für die Bürger heiße das, dass »Grenzkontrollen jetzt im Schengen-Raum jederzeit wieder anstehen können«. Ulbig empfahl den Bürgern, »einerseits Ausweispapiere immer mitzuführen und andererseits auch Verständnis für diese Maßnahmen zu haben«.

Nach Angaben des Landesministers gebe es derzeit aber keine Erkenntnisse darüber, dass Flüchtlinge nach Einführung von Kontrollen an der Grenze zwischen Österreich und Bayern nun auf die Grenze zwischen Tschechien und Sachsen ausweichen könnten. Sachsen stehe in der Angelegenheit mit der Bundespolizei und dem tschechischen Innenministerium in Kontakt.

Ziel der anvisierten Grenzkontrollen sei, für Asylsuchende ein »geordnetes Verfahren« einzuleiten. Beim Eintreffen an der Grenze zu Sachsen sollten sie registriert und in eine Erstaufnahmeeinrichtung gebracht werden, wo dann das Asylverfahren eingeleitet werden solle.

Update 12.30 Uhr: Gabriel rechtfertigt Grenzkontrollen
»Deutschland ist stark und kann vieles leisten. Dennoch haben wir in den letzten Tagen erleben müssen, dass auch beim besten Willen unsere Aufnahmefähigkeiten an ihre Grenzen geraten – vor allem, was die Geschwindigkeit des Zustroms an Flüchtlingen betrifft.« Mit diesen Worten rechtfertigt SPD-Chef Sigmar Gabriel in einem Brief an die Parteibasis die vorrübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen.

Zudem erklärte der SPD-Parteichef, die Zahlen der zu erwatenden Flüchtlinge für 2015 müssten noch einmal korrigiert werden. »Vieles deutet daraufhin, dass wir in diesem Jahr nicht 800 000 Flüchtende aufnehmen, wie es das Bundesinnenministerium prognostiziert hat, sondern eine Million«, schreibt Gabriel.

Update 12.00 Uhr: »Grenzen überwinden« am 3. Oktober
Das diesjährige Motto zu den Feierlichkeiten am Tag der deutschen Einheit hätte kaum grotesker ausfallen können. »Grenzen überwinden« ist die zentrale Feier in Frankfurt am main überschrieben. »Der Tag der Deutschen Einheit sei kein freier Tag zum Würstchenessen, sondern erinnere daran, dass Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeit seien«, wird der amtierende Bundesratspräsident und hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) auf der Website des Bundesrates zitiert. »So viel Heuchelei«, kommentiert der politische Geschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, die Feierlichkeiten.

Update 11.05 Uhr: Grenzkontrollen werden über Wochen andauern
Die Grenzkontrollen in Bayern sollen mindestens mehrere Wochen andauern. Dies sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag dem Bayerischen Rundfunk (Bayern 2). Die stärkeren Kontrollen seien notwendig, weil angeblich viele Menschen unterwegs seien, die keine wirklichen Flüchtlinge sind. »Da hat es sich in den letzten Tagen herumgesprochen, dass es erfolgreich ist, wenn jeder behauptet, Syrer zu sein.« Es gehe um die Sicherheit Deutschlands und darum, ein Chaos zu vermeiden.

Update 10.50 Uhr: Kontrollen auch im Grenzraum zu Belgien und Luxemburg
Mit der Wiedereinführung von Kontrollen an der Grenze zu Österreich ist die Bundespolizei auch verstärkt im Gebiet zu Belgien und Luxemburg unterwegs. Es gebe »stichprobenartig« Kontrollen auf Straße und Schiene, sagte am Montag ein Sprecher der Bundespolizei Trier. »Es gibt aber keine Vollkontrollen.« Zudem unterstütze die Trierer Bundespolizei die Beamten im Süden Deutschlands personell. Die Bundesrepublik hatte Sonntagabend als Reaktion auf den Andrang Zehntausender Flüchtlinge Kontrollen an der Grenze zu Österreich eingeführt.

Update 10.10 Uhr: Knicken hessische Grüne bei den sicheren Herkunftsstaaten ein?
Bei den Grünen in Hessen schwindet der Widerstand gegen die Aufnahme weiterer Balkanstaaten in die Liste sicherer Herkunftsländer, aus denen Asylanträge einfacher abgelehnt werden können. »Wir können nicht sagen: Auf keinen Fall reden wir darüber«, sagte Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) der »Frankfurter Rundschau« (Montagsausgabe). Er mahnte seine Partei zur Flexibilität: »Wer zu Beginn von Verhandlungen alles ausschließt, wird kaum zu Ergebnissen kommen.«

Al-Wazir machte eine mögliche Zustimmung des schwarz-grün regierten Hessen davon abhängig, dass legale Zuwanderungsperspektiven für die Menschen vom Balkan geschaffen werden: »Erst verhandeln wir. Dann werden wir sehen, wie wir zu einer Problemlösung kommen.«

Sollte Hessen der Aufnahme weiterer Balkanstaaten auf die Liste der sicheren Herkunftsstaaten zustimmen, wäre eine Zustimmung des Bundesrats zu dem Vorhaben der Großen Koalition wahrscheinlich. Die von Union und SPD regierten Länder haben dort keine Mehrheit; Allerdings hatte bereits das grün-rot regierte Baden-Württemberg seine Zustimmung signalisiert. Mit den Stimmen aus Hessen gäbe es eine Mehrheit.

In Deutschland sind von den Staaten des westlichen Balkans bisher Serbien, Mazedonien und Bosnien als sichere Herkunftsländer eingestuft. Die große Koalition will auch Kosovo, Albanien und Montenegro auf die Liste setzen. Mit der Einstufung sollen Asylverfahren vereinfacht werden und Menschen im Fall einer Ablehnung schneller in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Derzeit werden nur sehr wenige Asylbegehren von Menschen aus den westlichen Balkanstaaten anerkannt.

10.00 Uhr: Sachsens CDU-Generalsekretär begrüßt Grenzkontrollen
Wenig überraschend hat der Generalsekretär der sächsischen CDU die Wiedereinführung von Grenzkontrollen begrüßt. Die Entscheidung sei richtig, sagte Michael Kretschmer am Montag. Auf Grenzkontrollen könne nur verzichten werden, wenn die EU-Außengrenzen sicher seien und dort Einreisekontrollen stattfänden. »Es ist nun Zeit für eine ehrliche Bestandsausnahme. Die Regeln in der EU funktionieren zum großen Teil nicht«, erklärte er. Deutschland helfe den Flüchtlingen in vorbildlicher Weise. »Aber wir müssen auch ehrlich zu uns selbst sein und sagen, wann die Belastungsgrenze erreicht ist. Wir müssen unsere Handlungsfähigkeit zurück bekommen.«

Update 8.25 Uhr: Bundesregierung sagt Meseberger Klausur ab
Die Bundesregierung sagt wegen der zugespitzten Lage in der Flüchtlingspolitik ihre zweitägige Klausur in Meseberg bei Berlin ab. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Koalitions- und Regierungskreisen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte mit ihren Bundesministern am Dienstag und Mittwoch im Gästehaus der Regierung über anstehende Entscheidungen beraten. Nun soll es am Mittwoch eine reguläre Kabinettssitzung im Kanzleramt geben. Bereits am Dienstag kommen die Ministerpräsidenten der Länder zu einer Sondersitzung in Berlin zusammen. An dem Treffen soll auch Merkel teilnehmen.

Update 8.05 Uhr: Zugverkehr zwischen Österreich und Deutschland läuft wieder
Der Zugverkehr zwischen Österreich und Deutschland läuft nach Angaben der Deutschen Bahn seit Montagmorgen wieder weitgehend normal. Die am Sonntag um 17.00 Uhr verhängte Sperre sei wie geplant um 7.00 Uhr aufgehoben worden. Davon ausgenommen war zunächst die Strecke zwischen Salzburg und München. Dort befänden sich Menschen auf den Bahngleisen, weshalb hier noch nicht gefahren werden könne, sagte ein Bahn-Sprecher in Berlin. Ob es wegen dieser Sperrung am Montag zu Zugausfällen kommen könnte, war laut Bahn zunächst nicht absehbar. Am Sonntagnachmittag war der Zugverkehr zwischen den beiden Ländern auf Weisung der Bundesbehörden unterbrochen worden. Betroffen waren neben Flüchtlingen auch Urlauber sowie sonstige Reisende.

Linke und Grüne kritisieren Rückkehr zu Grenzkontrollen

Berlin. Linkspartei und Grüne haben die gegen die Einreise von Flüchtlingen gerichtete Wiedereinführung von Kontrollen an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich kritisiert. Damit lenke die Bundesregierung von ihrem eigenen »Versagen« in der Flüchtlingspolitik ab, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem Portal »Spiegel Online«. Fraktionschef Gregor Gysi sagte, »Grenzen kann man schließen, aber die Probleme löst man damit nicht. Es wird höchste Zeit, so schnell und wirksam wie möglich die Fluchtursachen zu bekämpfen.«

Linksparteichef Bernd Riexinger kritisierte zudem, dass die Große Koalition erklärt habe, Deutschland brauche eine Atempause. »Das ist angesichts der verzweifelten Lage der Menschen, die seit Wochen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung, Armut und Ausweglosigkeit sind, die kein Dach über dem Kopf haben, Hunger leiden und oftmals nur noch das nackte Leben besitzen, unfassbarer Egoismus«. Es überrasche auch nicht, »dass ausgerechnet Viktor Orban umgehend zu diesem Schritt gratulierte«, so Riexinger. »Die Abschottung von Flüchtlingen ist zutiefst anti-europäisch und vor allem menschenverachtend.«

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Deutschland und Österreich warnte vor den Folgen für Flüchtlinge, die nun nicht mehr weiterkommen: »Flüchtlinge in Ungarn drohen im lebensgefährlichen Chaos zu versinken.« Deutliche Kritik kam auch von der SPD-Linken im Bundestag. »Wir brauchen jetzt schnell ein gemeinsames Vorgehen in Europa statt nationale Alleingänge«, sagte ihr Sprecher Matthias Miersch. »Willkommens-Selfies der Kanzlerin mit Geflüchteten einerseits und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch den Innenminister andererseits passen absolut nicht zusammen.«

Juso-Chefin Johanna Uekermann warf der Regierung vor, mit der vorübergehenden Schließung der Grenzen zu Österreich vor der CSU eingenickt zu sein und »Sargnägel für Europa« einzuschlagen. Der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner sprach bei Twitter von einem »Zick-Zack-Kurs« von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Gerade habe Merkel noch betont, Asyl kenne keine Obergrenzen - »Landesgrenzen aber schon«. Stegner forderte die Einberufung eines EU-Sondergipfels zur Asyl- und Flüchtlingspolitik. »Ich verstehe nicht, warum es den nicht längst gegeben hat. Bei Griechenland hatten wir alle drei Tage einen Gipfel«, sagte Stegner der dpa.

Die Polizei baute am Sonntagabend Straßensperren auf und begann mit Personenkontrollen, wie ein AFP-Reporter an der Grenze bei Freilassing in Bayern beobachtete. Es seien aber nur vereinzelt und stichprobenartig Fahrzeuge angehalten und überprüft worden, berichtete ein dpa-Reporter von der Grenze bei Bad Reichenhall.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) machte deutlich, dass die Kontrollen bis auf Weiteres aufrecht erhalten würden. Er ließ offen, wie lange die Kontrollen andauern sollten. »Das machen wir jetzt mal eine Weile«, sagte er in der ARD. Die Entscheidung sei nötig, um »den Zustrom nach Deutschland zu begrenzen« und »auch aus Sicherheitsgründen dringend erforderlich«, wieder »zu einem geordneten Verfahren« zu kommen. Der Schritt sei in der Koalition »einvernehmlich« beschlossen und auch mit Österreich, den Bundesländern sowie der Opposition besprochen worden.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), sprach von einer »absoluten Notlösung«. Die Rückkehr zu Kontrollen sei »kein Königsweg bei der Lösung der Flüchtlingsproblematik, verschafft uns aber Luft, um zu geordneten Verhältnissen zurückzukommen«. Auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner wertete das Vorgehen nach einem Treffen der Unionsfraktionsvorsitzenden der Länder mit Kanzlerin Merkel in Berlin als Notlösung.

De Maizière sagte allerdings auch offen, dass die Grenzkontrollen ein »Signal« an Europa seien, um auch beim EU-Innenministertreffen am Montag in Brüssel in der Frage der Verteilung der Flüchtlinge weiter zu kommen. EU-Kommissionschef Juncker plädiert für eine Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland, Italien und Ungarn auf die anderen EU-Staaten. Insbesondere Regierungen in Osteuropa sind aber gegen eine Verteilung über verpflichtende Quoten. Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) forderte im »Tagesspiegel« vom Montag, bei dem Treffen müsse durch die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen auf alle EU-Staaten der Druck von Deutschland genommen werden.

Eigentlich sind innerhalb des so genannten Schengen-Raums, zu dem auch Deutschland und Österreich gehören, Grenzkontrollen abgeschafft. Sie können aber in Ausnahmesituationen für eine begrenzte Zeit wieder eingeführt werden Auch Tschechien kündigte mehr Kontrollen an der Grenze zu Österreich an. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban sagte der »Bild«-Zeitung vom Montag, er habe »großes Verständnis für Deutschlands Entscheidung«. Die EU-Kommission in Brüssel teilte mit, »auf den ersten Blick« scheine die deutsche Entscheidung durch die geltenden Regeln gedeckt. Agenturen/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.