Im Nordosten gibt es zu wenig Azubis
Tausende gehen in Rente, zu wenige kommen nach
Schwerin. Der Abstand zwischen freien Lehrstellen im Handwerk und Auszubildenden wird in Mecklenburg-Vorpommern immer größer. In diesem Jahr bleiben zumindest nach Einschätzung des Präsidenten der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern landesweit rund 700 Lehrstellen im Handwerk unbesetzt. Das seien zwar etwas weniger freie Lehrstellen als im Vorjahr, dennoch öffne sich mittel- und längerfristig gesehen die Schere immer weiter, so Handwerkskammerpräsident Hans-Peter Siegmeier.
Allein innerhalb der nächsten fünf Jahre gehen nämlich rund 15 000 Mitarbeiter in seinem Handwerkskammerbezirk in Rente, dazu stünden etwa 2500 Betriebe vor der Übergabe - und längst nicht überall stünden auch geeignete Nachfolger bereit.
Das System der Berufsfrühorientierung müsse überdacht werden, sagte Siegmeier vor dem »bundesweiten Tag des Handwerks« am Samstag. »Wenn 50 Prozent der Schüler ein Studium beginnen, gehen sie dem Ausbildungsmarkt verloren.«
Auch angesichts hoher Abbrecherquoten sei es zudem fragwürdig, ob das Studium tatsächlich immer die beste Wahl sei. Zwölf Prozent der Auszubildenden hätten Abitur. Diese hätten besonders gute Aussichten, sagte Siegmeier. Das Handwerk biete qualifizierte und attraktive Ausbildungs- und Arbeitsplätze mit guter Zukunftsperspektive.
In Mecklenburg-Vorpommern erwirtschaften nach Angaben der Handwerkskammer mehr als 21 200 Handwerksbetriebe mit rund 102 000 Beschäftigten und derzeit etwa 5000 Auszubildenden einen jährlichen Umsatz von rund neun Milliarden Euro. Mit 12,4 Handwerksbetrieben je 1000 Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern wird der deutsche Durchschnitt von 11,8 Betrieben pro 1000 Einwohnern deutlich übertroffen.
Das Problem ist freilich auch hausgemacht. Etwa im Bauhauptgewerbe beträgt der Unterschied zwischen den Ausbildungsvergütungen in zwischen West- und Ostdeutschland nicht weniger als 283 Euro. Im Transport- und Verkehrsgewerbe erhalten Nordost-Azubis nur etwa ein Drittel von dem, was in Baden-Württemberg gezahlt wird, ergab jüngst ein Tarifvergleich des der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung.
Und in diesem Vergleich waren nur die tariflichen Regelungen erfasst - nicht wenige Betriebe im Nordosten sind aber gar nicht tarifgebunden und zahlen oft noch schlechter. dpa/nd
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