Manipulationen würden hier nicht auffallen

Dorothee Saar von der Deutschen Umwelthilfe fordert strenge Prüfungen für Diesel-PKW

  • Lesedauer: 3 Min.

War es Zufall, dass VW und Audi ausgerechnet in den USA beim Betrügen erwischt wurden?
Das ist kein Zufall, denn die US-amerikanischen Behörden nehmen die Fahrzeuge direkt aus dem Markt und prüfen nach. Das machen sie insbesondere dann, wenn sie Hinweise darauf bekommen, dass etwas nicht stimmt mit den Abgaswerten. Genau das war ja in den USA der Fall. Die nichtstaatliche Forschungsorganisation ICCT hatte Messungen durchgeführt und die amerikanischen Behörden auf Diskrepanzen hingewiesen. Daraufhin gab es dann diese Nachprüfungen.

Heißt das, die Tests in den USA sind strenger als die in der Europäischen Union?
Ja. Die Kontrolle ist strenger und die Überwachung ist stringenter.

In Deutschland würden diese Manipulationen also gar nicht auffallen?
Ja, genau. Das zuständige Kraftfahrt-Bundesamt unternimmt nach den Labortests keine weiteren Untersuchungen der Bestandsflotte.

Die Tests in der Europäischen Union stehen schon lange Zeit in der Kritik. Insbesondere Umweltverbände warfen den zuständigen Stellen vor, die Tests seien realitätsfern, auch weil die Hersteller die Bedingungen beeinflussen konnten. Hat sich hier schon etwas getan?
Nein. Es gibt aber Änderungspläne, um eben auch solche Schlupflöcher zu schließen. Wir gehen aber davon aus, dass einige Grauzonen bestehen bleiben beziehungsweise dass neue dazu kommen werden.

Können solche Testes die realen Bedingungen überhaupt simulieren?
Natürlich sind Labormessungen immer ein Stück weit artifiziell. Man wird die Realität im Labor nie eins zu eins abbilden können. Dass es gewisse Abweichungen gibt, liegt in der Natur der Sache. Deswegen ist es wichtig, dass man hinterher guckt, wie sich die Fahrzeuge im Straßenverkehr verhalten, und Nachuntersuchungen durchführt.

Finden diese Feldversuche unter Echtzeitbedingungen in Deutschland überhaupt statt?
Nein, gar nicht. Die Hersteller müssen nur die Konformität ihrer Produktion nachweisen. Das heißt, sie müssen ab und zu mal ein Fahrzeug prüfen und das dem Kraftfahrt-Bundesamt melden. Es gibt aber behördlicherseits keine eigeninitiierten Messungen, die mit denen vergleichbar wären, die die Amerikaner jetzt gemacht haben.

Sieht so aus, als müsste das gesamte Prüfsystem reformiert werden ...
Wir brauchen ein transparentes Prüfverfahren und eine Veröffentlichungspflicht für die Ergebnisse. Auch bei Straßenmessungen muss der Wert erreicht werden, den der Gesetzgeber für die Euro-Norm vorsieht. Zudem sollte es auch für Bestandsfahrzeuge, die bereits unterwegs sind, Prüfungen geben, veranlasst durch das Kraftfahrt-Bundesamt und mit unabhängigen Prüfinstituten, die diese Fahrzeuge im realen Betrieb untersuchen. Und auch da müssen die Ergebnisse öffentlich zugänglich sein. Zudem muss es eine Verabredung geben, dass empfindliche Sanktionen erfolgen, wenn die Abweichungen zu hoch sind.

Wie könnten solche Sanktionen aussehen?
Es muss eine Verpflichtung geben, diese Fahrzeuge zurückzurufen und nachzubessern. Angenommen, es würde sich auch in Deutschland herausstellen, dass es diese Abschalteinrichtungen wie bei den VW-Modellen in den USA gibt, dann könnte das natürlich auch bedeuten, dass die Betriebserlaubnis entzogen wird.

Der Grenzwert für Stickoxide, die ein Dieselmotor ausstoßen darf, ist in den USA viel strenger als in der EU. Ist die Auto-Lobby in Europa einflussreicher als in den Vereinigten Staaten?
So einfach ist es nicht. Die USA haben traditionell ein sehr kritisches Verhältnis gegenüber dem Diesel, weil die dortige Autoindustrie kaum auf solche Motoren setzt. Deshalb hat man dort den Ehrgeiz, die Werte weiter runter zu schrauben, damit es für die Importeure noch ein bisschen schwieriger wird. Aus diesem Grund ist die ganze Affäre auch so ärgerlich für VW.

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