Kraftausdrücke machen schneller

Radprofi Lisa Brennauer verliert den WM-Titel im Zeitfahren, freut sich aber über Bronze

  • Heiko Oldörp, Richmond
  • Lesedauer: 3 Min.
Wer als Weltmeisterin startet und dann als Dritte ins Ziel kommt, mag sich mitunter ärgern. Nicht so Lisa Brennauer. Die Bayerin freute sich sichtlich über ihren dritten Platz beim Zeitfahren der Rad-WM.

Weltmeistertitel verloren oder Bronze gewonnen? Lisa Brennauer musste nach ihrem dritten Platz im Einzelzeitfahren bei der Rad-WM in Richmond nicht lange überlegen. »Ich freue mich auf jeden Fall, bin super glücklich. Die Medaille ist die Bestätigung, dass ich immer noch zur Weltspitze gehöre«, sagte die gerade entthronte Titelverteidigerin am Dienstag in Richmond.

Einen Strauß gelber Blumen in der linken Hand, die Bronzemedaille um den Hals und ein breites Lächeln im Gesicht - wie eine Verliererin wirkte die Allgäuerin wirklich nicht. Als Brennauer kurze Zeit später neben der neuen Weltmeisterin Linda Melanie Villumsen aus Neuseeland sowie der zweitplatzierten Niederländerin Anna van der Breggen bei der Pressekonferenz saß, war sie die Gesprächigste des Trios, antwortete ausgiebig und wirkte rundum zufrieden.

Zudem sorgte die 27-Jährige bei den Medienvertretern für ein Schmunzeln, als sie verriet, dass ihr Trainer Ronny Lauke sie via Funk mit einigen Kraftausdrücken zum schnelleren Fahren animiert hatte. »Das habe ich am Ende gebraucht, denn das Rennen war so knapp, da benötigt man einfach diese extra Motivation«, erzählte Brennauer.

Nach knapp 30 Kilometern auf dem zweimal zu umrundenden Stadtkurs fehlten ihr in der Hauptstadt des US-Bundsstaates Virginia nur 5,26 Sekunden zu Villumsen. Die gebürtige Dänin, die seit 2009 neuseeländische Staatsbürgerin ist, war als Neuntletzte gestartet und hatte bis auf die erste Zwischenzeit nach sieben Kilometern jeweils die Bestmarke gesetzt. »Meine Taktik ist einfach: Fahr so lange du kannst so schnell du kannst«, verriet Villumsen.

Als sie mit nach 40:29 Minuten ins Ziel kam, begann für die 30-Jährige der schwerste Teil des Wettkampfes. »Jede Minute Warten ist eine harte Minute«, betonte Villumsen, die in ihrer Karriere bereits zwei Silber- und drei Bronzemedaillen im Zeitfahren gewonnen hatte. Nun reichte es endlich zu Gold. Van der Breggen verpasste die Bestzeit zunächst um 2,5 Sekunden. Dann war nur noch die deutsche Titelverteidigerin unterwegs. Acht Kilometer vor dem Ziel betrug Brennauers Rückstand 16 Sekunden, doch die Bayerin wurde auf dem Schlussabschnitt immer schneller. Bereits am Vormittag hatte sie bei der Goldfahrt des Hannoveraners Leo Appelt im Juniorenrennen gesehen, dass »auf der zweiten Runde noch alles drin ist«.

Auf der langen Zielgeraden kam von Ronny Lauke aus dem Betreuerfahrzeug der Hinweis »noch eine Minute bis zur Goldmedaille«. Brennauer biss die Zähne zusammen. »Noch 15 Sekunden bis Gold«, schrie Lauke wenig später. Sein Schützling ging aus dem Sattel, gab alles. »Ich habe einfach zum Zielstrich gestarrt und getreten«, so Brennauer. Als die Uhr für sie nach 40:35 Minuten stoppte, waren die Qualen vorbei - und für Villumsen hatte das Zittern ein Ende. Sie versteckte zunächst ihren Kopf in den Händen und riss dann beide Arme jubelnd in die Höhe.

Auch Brennauer freute sich, schließlich hat sie mit dem Team bereits Gold in Richmond gewonnen. Am Samstag steht zwar noch das Straßenrennen an, doch Zeit für eine kleine Feier nahm sie sich trotzdem. »Bei einer Medaille kann man schon mal kurz anstoßen, auch wenn danach der volle Fokus dem Samstag gilt.« Dann startet sie als Vizeweltmeisterin des Vorjahres - und zählt wieder zum Favoritenkreis.

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