Aus Flüchtlingen sollen Steuerzahler werden
Die Berliner Wasserbetriebe haben Geflüchtete als Azubis für sich entdeckt
»Flüchtling ist kein Beruf« lautet das Motto der Initiative »Arrivo«, die sich um Ausbildungen und Berufe für Geflüchtete im Berliner Arbeitsmarkt bemüht. Einer aktuellen Umfrage der Industrie und Handelskammer (IHK) zufolge, würden vier von fünf Firmen Flüchtlinge ausbilden wollen.
Als erstes Landesunternehmen kündigten am Mittwoch die Berliner Wasserbetriebe (BWB) an, Flüchtlinge künftig auf eine Ausbildung vorbereiten zu wollen. Ab Januar kommenden Jahres sollen, gemeinsam mit Arrivo und der gemeinnützigen Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen (GFBM), sechs Geflüchtete im Alter von 19 bis 26 Jahren in einem achtmonatigen Praktikum bei den Berliner Wasserbetrieben auf eine Ausbildung vorbereitet werden.
Wer die sogenannte Einstiegsqualifizierung (EQ) erfolgreich absolviert, kann ab September kommenden Jahres mit einer regulären technischen Berufsausbildung bei den Wasserbetrieben beginnen, sagte Personalvorständin Kerstin Oster am Mittwoch bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages. Die Kooperation »erweitert auch unsere Möglichkeiten, künftige Fachkräfte für die Wasserbetriebe zu gewinnen und stärkt die gelebte Vielfalt im Unternehmen«, sagte Oster.
Während des Praktikums erhalten die Absolventen eine Bezahlung in Höhe von 216 Euro und werden sozialpädagogisch betreut. Außerdem bekommen sie ein BVG-Ticket erstattet und erhalten Deutschkurse, die die GFBM begleitet.
»Die Berliner Wasserbetriebe als landeseigenes Unternehmen gehen hier mit gutem Beispiel voran und nehmen ihre Verantwortung wahr«, sagte Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) bei der Vertragsunterzeichnung. »Viele der Geflüchteten bringen Potenziale und Qualifikationen mit, die unsere Gesellschaft bereichern können«.
Etwa 230 Auszubildende beschäftigen die Wasserbetriebe in 18 technischen, kaufmännischen und akademischen Berufen. Hinzukommen jedes Jahr 80 neue Lehrlinge. Seit 2010 gibt es die Einstiegsqualifizierung der Berliner Wasserbetriebe, ein Programm, durch das bisher sechs junge BerlinerInnen, die aus unterschiedlichen Gründen keinen »normalen« Ausbildungsweg beschritten konnten, die Möglichkeit bekamen, an eine Ausbildungsstelle zu gelangen. Hinzu kommen nun sechs weitere Praktikumsstellen ausschließlich für Geflüchtete.
Gemeinsam sollen während der EQ-Phase Teams zwischen Geflüchteten und Berlinern gebildet und sich im Rahmen des Praktikums und darüber hinaus gegenseitig geholfen werden. »Im Idealfall erwachsen daraus Freundschaften«, wünscht sich Ausbilderin und Betreuerin Anne Schneider. Voraussetzungen für das Qualifizierungspraktikum sind mindestens drei Monate Aufenthalt in Deutschland, eine Arbeitserlaubnis, sowie Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1.
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