Wasser Mars!
Eine Sonde findet Beweise für die Existenz von Salzlake-Bächen auf dem Roten Planeten
Lange wurde darüber spekuliert, nun ist es offenbar Gewissheit: Auf dem Mars gibt es flüssiges Wasser. Entsprechende Beweise präsentierte die US-Raumfahrtbehörde NASA am Montagabend (MEZ).
Von Christian Baron
Bereits am vergangenen Wochenende kursierte eine mysteriöse Meldung der NASA, nach der eine »bahnbrechende wissenschaftliche Entdeckung« zu vermelden sei. Näheres werde am Montag bekannt gegeben. Wie von der US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft wohl beabsichtigt, debattierten online zahlreiche Experten und interessierte Laien, worum es sich dabei handeln könnte. Am Montagabend mitteleuropäischer Zeit war das Geheimnis gelüftet: Eine den Roten Planeten seit neun Jahren erkundende Raumsonde, erklärte die NASA auf einer Pressekonferenz, lieferte Beweise für die Existenz von Wasser auf dem Mars.
»Der Mars ist nicht der trockene, ausgedörrte Planet, für den wir ihn in der Vergangenheit gehalten haben«, sagte Jim Green, der Leiter des NASA-Planetenprogramms. Es soll sich bei dem gefundenen Wasser um Salzlake-Bäche handeln. Im Jahr 2011 waren auf dem kalten Planeten dunkle Schlieren entdeckt worden, die sich an den Hängen an der Marsoberfläche hinabziehen. Laut Green sind sie mehrere hundert Meter lang und bis zu fünf Meter breit. Bislang gab es jedoch keine Belege dafür, dass es sich bei diesen üblicherweise im Frühjahr entstehenden, sich im Sommer vergrößernden und im Herbst wieder verschwindenden Schlieren um Wasserspuren handelt. Nachdem Forscher vom Georgia Institute of Technology in Atlanta nun die Daten der Raumsonde »Mars Reconnaissance Orbiter« analysiert und dabei chemische Fingerabdrücke bestimmter, den Gefrierpunkt ausreichend senkender Salze entdeckt haben, sind sie sicher, dass die Streifen flüssiges Wasser zeigen.
Am 12. August 2005 startete die Sonde, am 10. März 2006 erreichte sie den Roten Planeten. Ein Ziel der Mission ist es von Beginn an gewesen, auf dem Mars nach Hinweisen auf Wasser zu suchen. Zudem soll die Oberfläche kartografiert werden. Der beim Start über zwei Tonnen schwere Orbiter kreist mit sechs wissenschaftlichen Instrumenten an Bord um den Mars. Darunter befindet sich die bisher höchstauflösendste Kamera, die je dort verwendet wurde.
Schon seit vielen Jahren ist der Mars ein beliebtes Forschungsobjekt. So gingen Wissenschaftler schon lange davon aus, dass früher Wasser auf dem Mars floss und dadurch die Täler und Schluchten auf dem Planeten überhaupt erst entstanden sind. »Größere Klimaveränderungen vor drei Milliarden Jahren haben das geändert«, so Green. »Während einst«, ergänzte der ehemalige Astronaut, »fast die Hälfte der nördlichen Hemisphäre des Mars aus einem 1,6 Kilometer tiefen Ozean bestanden hat, ist das meiste Wasser dort heute gefroren.«
So sehr sich Jim Green auch über die neuen Erkenntnisse freute, so verhalten fiel manche Reaktion aus. Auf Twitter finden sich viele Einträge, die sich kritisch mit der NASA-Formulierung vom »endlich gelösten Marsrätsel« auseinandersetzen. »Ich glaube, das ist das fünfte Mal in meinem Leben, dass ich eine Schlagzeile zu auf dem Mars gefundenem Wasser lese. Sollte ich diesmal enthusiastisch sein?«, lautete ein Kommentar. Ein Foto, das einen auf einem Wasserglas stehenden »Mars«-Schokoriegel zeigt, avancierte binnen kürzester Zeit zu einem viralen Hit.
Der österreichische Wissenschaftsautor Florian Freistetter zeigt sich indessen deutlich weniger spöttisch, wenn auch ebenfalls einigermaßen skeptisch. Auf seiner Homepage schrieb der promovierte Astronom, die Bilder seien ein großer Fortschritt. Direkt nachgewiesen sei das Wasser auf dem Mars aber streng genommen noch immer nicht. Bei den kalten Bedingungen, die dort herrschen, müsse man allerdings »ziemliches Glück haben, genau in einem der kurzen Momente hinzusehen, in dem es dort ein bisschen plätschert«. So sei der Beweis stichhaltig und wichtig, nicht aber derart spektakulär, wie es die NASA darstelle.
Was die Diskussion um die neuen Erkenntnisse in jedem Fall belegt: Die Mars-Faszination der Menschheit hält an. Der Planet wurde schon von den Römern wegen seiner roten Farbe und der Helligkeitsunterschiede, die an flackerndes Feuer erinnern, nach ihrem Kriegsgott benannt. Wie seither, so schießen auch diesmal wieder Spekulationen ins Kraut, wonach es auf dem Mars vielleicht sogar Leben geben könnte.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.