Die Ökonomisierung der Sicherheitspolitik
Debatte im Haus der Deutschen Wirtschaft über Leitlinien des neuen Bundeswehr-Weißbuches
Deutschland mit seiner Außenhandelsabhängigkeit müsse wissen, dass im Zweifel militärischer Einsatz notwendig ist, um seine Interessen zu wahren. Es gehe um freie Handelswege, darum, regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit auf Deutschland zurückschlagen und Negatives für Handel, Arbeitsplätze und Einkommen bringen.
Diese Gedanken, allzu freizügig auf dem Rückflug von Afghanistan in ein Mikrofon gesprochen, waren der Grund für den Rücktritt eines Bundespräsidenten. Er bedauere, dass seine Äußerungen »in einer für unsere Nation wichtigen und schwierigen Frage zu Missverständnissen führen konnten«, sagte Horst Köhler. Das war im Jahre 2010. Hätte der Mann so etwas am Montag beim Workshop im Berliner Haus der Deutschen Wirtschaft erklärt, hätte großes Gähnen eingesetzt.
Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), und andere Teilnehmer hatten in Köhlers Amtsbruder Joachim Gauck einen willkommenen Stichwortgeber. Nur zu gerne zitierte man in der Debatte dessen Forderung, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der Welt übernehmen.
Wenn man von »Ökonomisierung deutscher Sicherheitspolitik« sprach, meinte man nicht nur mehr Sicherheit beim Absatz deutscher Rüstungsprodukte im Inland. Man moserte nicht nur über angeblich zu strenge Exportrestriktionen. Die »Wahrung der ökonomischen Wohlfahrt« wurde als wesentliches Ziel staatlicher Sicherheitspolitik identifiziert. Stolz erinnerten Redner daran, dass und wie Deutschlands Wirtschaft von der Globalisierung profitiert. Damit das so bleibt, braucht man sicheren Zugang zu Märkten wie zu Rohstoffen und Energiequellen. Natürlich, so Grillo, wolle man keiner »Kanonenboot-Diplomatie« das Wort reden. Doch müsse man genauer definieren, »welche Interessen an Stabilität wir wann in welchen Regionen haben«.
Man dürfe es, so ein Fazit der Debatte, mit der Beachtung »der geografischen Nähe« oder der Begrenzung auf bestimmte Krisenschwerpunkte nicht übertreiben. Vielmehr sollte man auch in punkto Sicherheit so global denken, wie die Wirtschaft agiere. Man könne voneinander lernen, hieß es immer wieder - um dann vor allem deutlich zu machen, »wie uns die Wirtschaft die sicherheitspolitische Relevanz weit entfernter Regionen näher bringt«. Soll heißen: Auch in Asien hat die deutsche Industrie wichtige Interessen, die verteidigt werden müssten. Weshalb die Bundeswehr ein sehr breites Fähigkeitsspektrum entwickeln müsse.
Die Wirtschaftsvertreter ermunterten die Regierung, enger mit den USA zusammen zu arbeiten. Das Freihandelsabkommen TTIP sei »auch ein sicherheitspolitisches Modell, um die Interessen der USA und der EU besser zu verbinden«. Mit spürbarem Engagement beteiligte sich der BDI an der Debatte um das neue, 2016 erscheinende Weißbuch zur Sicherheitspolitik und der Zukunft der Bundeswehr. Schließlich gehe es um nicht weniger als »die geostrategische Ausrichtung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik«, betonte Präsident Grillo.
Zu der die Bundeswehr schon erhebliche Beiträge leiste, erwiderte die Staatssekretärin im Verteidigungsministerium Katrin Suder. Sie verwies auf Mali, das Baltikum, streifte den Einsatz im Mittelmeer und wies in Richtung Irak. Doch die Vielgestaltigkeit der Probleme drohten eigene militärische Möglichkeiten zu überfordern. Es komme darauf an, »verstärkt Partner in die Lage zu versetzen, Krisen vorzubeugen und sie zu bekämpfen«. Suder warb dafür, Ressortgrenzen zu überschreiten, plädierte »für mehr personelle Vernetzung sowie Verzahnung zwischen Wirtschaft und Bundeswehr«. Dabei denkt Suder auch an mehr Personalaustausch
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