Wo die Pferdekopfpumpe am Weinberg nickt

In Rheinland-Pfalz wird bereits seit 60 Jahren Erdöl gefördert - auch die rot-grüne Regierung betont die Bedeutung des Rohstoffs

  • Jasper Rothfels, Landau
  • Lesedauer: 3 Min.
In Rheinland-Pfalz fließt nicht nur Wein, sondern auch Erdöl. Das Land belegt im Vergleich der Bundesländer bei der Fördermenge sogar den dritten Platz - auch unter Rot-Grün.

Um an Erdöl zu kommen, ist dem Chemiekonzern BASF kein Weg zu weit. Erst kürzlich schloss der Konzern mit dem russischen Energieriesen Gazprom einen Vertrag, der seiner Öl- und Gastochter Wintershall gut 25 Prozent vom Ertrag einer Lagerstätte in Westsibirien sichert. Aber auch vor der »Haustür« der Ludwigshafener Mutter BASF ist Wintershall aktiv.

Wintershall beackert in Landau eines der größten Ölfelder im Oberrheingraben. »Wir fördern rund 20 000 Tonnen Erdöl pro Jahr in der Südpfalz«, sagt Mark Krümpel, Sprecher von Wintershall Deutschland. Dutzende »Pferdekopfpumpen« bringen das schwarze Gold nach oben. Sie stehen in Weinbergen und Ortsteilen und »nicken« im Schnitt 5000 Mal am Tag mit dem Kopf. Seit 60 Jahren geht das nun so. Am Samstag wurde das Jubiläum des Standorts gefeiert.

Ölfunde im elsässischen Pechelbronn hatten schon lange vor dem Landauer Förderstart darauf hingedeutet, dass es im Oberrheingebiet größere Vorkommen gibt. Bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in Pechelbronn Öl gefördert, dort gab es laut Wintershall eine der weltweit ersten Bohrungen. In der Südpfalz wurde das Öl Ende des 19. Jahrhunderts zum Thema, als Hausbesitzer in Frankweiler bei Landau entdeckten, dass ihre Kellerböden schwarz schimmerten: Das Öl drückte stellenweise bis an die Oberfläche. Eine erste Bohrung 1896 blieb aber ohne durchschlagenden Erfolg - andere Versuche auch. Zwar wurde Öl gefunden, die Mengen waren aber zu gering.

Nach dem Zweiten Weltkrieg machte die Internationale Tiefbohrgesellschaft (Itag) einen neuen Versuch - mit Wintershall und der heutigen Mobil Erdgas-Erdöl GmbH. Nach einem Fehlschlag 1954 knallten am 24. September 1955 die Korken, als die Bohrung »Landau 2« auf Öl stieß. Seitdem gab es immer mehr Bohrungen in den Ortsteilen, 1984 kam der etwa 20 Kilometer entfernte Standort Rülzheim dazu, wo Wintershall mit einem Partner arbeitet. Von rund 200 Bohrungen bis zu 1800 Meter Tiefe sind heute noch rund 65 Förderbohrungen in Betrieb.

Die von Elektromotoren angetriebenen Pumpen fördern in Landau pro Tag 50 Tonnen Öl. Seit dem Start kamen 4,5 Millionen Tonnen zusammen, das ist laut Wintershall »so viel, wie die Welt heutzutage in acht Stunden verbraucht«. 2011 wurden mit »Landau 2a« weitere Reserven angezapft, die eine längerfristige Versorgung ermöglichen sollen. 34 Mitarbeiter kümmern sich um die Ausbeute. Das Öl kommt in die Karlsruher Raffinerie Miro, die laut Wintershall Abnehmer des Erdöls aus Rheinland-Pfalz ist.

Landau ist allerdings nicht die größte Förderstätte im Land. 2003 wurde in Speyer bei der Suche nach Erdwärme zufällig ein großes Feld entdeckt. Mehrere Bohrungen liefern hier pro Tag 500 Tonnen - das Zehnfache der Landauer Tagesmenge. »Das Erdölfeld in Speyer macht Rheinland-Pfalz zum drittgrößten Förderland für die heimische Erdölproduktion nach Schleswig-Holstein und Niedersachsen«, sagt Beate Klehr-Merkl von der Firma GDF Suez E&P Deutschland GmbH (Engie), einem der beiden Konsortialpartner.

Zuletzt wurden in Rheinland-Pfalz 192 497 Tonnen Erdöl pro Jahr gefördert. In Schleswig-Holstein waren es 1,34 Millionen Tonnen, in Niedersachsen 825 057 Tonnen. Insgesamt deckt das Erdöl aus deutschen Quellen - 2014 waren es 2,43 Millionen Tonnen - die inländische Nachfrage laut Wintershall-Sprecher Krümpel zu knapp drei Prozent ab.

Das Erdöl dient dabei nicht nur als Energieträger. Zusammen mit Erdgas gehöre es zu den wichtigsten Rohstoffen für viele Produkte des täglichen Lebens, teilt die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Mainz, Susanne Keeding, mit. »Dazu gehören Kunststoffe, Farben und Lacke, Kleidung, Waschmittel aber auch Cremes und Arzneimittel. Viele dieser Produkte werden in Rheinland-Pfalz hergestellt und verarbeitet.«

Erdöl werde deshalb, sagt Keeding, zunächst eine wichtige Bedeutung als Rohstoff für den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz behalten. Allerdings gehöre es zur Innovationsstrategie der rot-grünen Landesregierung, die Entwicklung von Ersatzstoffen für fossile Rohstoffe zu fördern, etwa durch nachwachsende Rohstoffe. dpa/nd

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