Internationalismus auf der Anklagebank
Aktivisten von »Askapena« wie Walter Wendelin sollen in Spanien zu langen Haftstrafen verurteilt werden
Ist es Terrorismus, nach Morden an Gewerkschaftern in Kolumbien zum Coca-Cola-Boykott aufzurufen, Solidaritätsbrigaden nach Kuba, in die Westsahara, nach Kurdistan oder Palästina zu schicken?
Für den spanischen Staat ist es Terrorismus, wenn es ihn stört. Unsere Solidaritäts- und Boykottkampagnen, Teilnahme an Sozialforen, Initiativen für gerechten Handel sollen Terrorismus oder Unterstützung dafür sein. Wir sollen nicht aus einem internationalistischen Selbstverständnis heraus gearbeitet haben, sondern auf Befehl der bewaffneten Organisation ETA.
Wurden entsprechende Befehle der Untergrundorganisation entdeckt?
Da wir keine Beziehung zur ETA haben, haben wir auch keine Befehle von ihr erhalten.
Ist es nicht erstaunlich, dass Sie Ende 2010 verhaftet wurden und das Verfahren begann, als längst klar war, dass die ETA ihren Kampf einstellen würde, wie sie es vor vier Jahren erklärt hat?
Im Baskenland erstaunt dies kaum. Das spanische Regime hat panische Angst vor einem wirklichen Friedensprozess. Es sehnt sich regelrecht nach dem bewaffneten Kampf der ETA, um den Status quo aufrechtzuerhalten. Mit der Instrumentalisierung des Madrider Sondergerichts wird Terrorismus als Vorwand genutzt.
Was ist Ziel des Verfahrens?
Es soll verhindert werden, dass wir in den verschiedenen Ländern, in denen wir arbeiten, über die Vorgänge im Baskenland berichten. Dazu geht es dem Regime darum, unsere Informationsarbeit hier im Baskenland zu unterbinden, wo wir über Verbrechen transnationaler spanischer Firmen informieren, die mit Raub und Erpressung weltweit noch mehr Profit machen wollen. Zudem soll der Bevölkerung weiß gemacht werden, dass die Gefahr des »baskischen Terrorismus« immer noch besteht und es soll jede politische Alternative der baskischen Linken verhindert werden.
Hat das Verfahren auch mit der Verweigerung jeder Teilnahme der konservativen Regierung am einseitigen Friedensprozess zu tun?
Es ist die Bestätigung dafür. Und dazu wird klar, dass Spanien Menschenrechte, zivile, politische und demokratische Rechte - nicht nur der Bevölkerung im Baskenland - verletzt, um Privilegien und Profite der verschiedenen politischen und ökonomischen Machthaber zu sichern. Deshalb ist ihnen alles, was die linke baskische Unabhängigkeitsbewegung macht, ein Dorn im Auge, auch unsere internationalistische Solidarität.
Wie verteidigen Sie sich?
Juristisch können wir uns kaum verteidigen, denn es gibt weder Opfer noch ein wirkliches Verbrechen. In solchen politischen Prozessen muss der Angeschuldigte gegen jedes Recht die Unwahrheit der Anklage beweisen. Deswegen kann unsere Verteidigung nur eine politische, öffentliche Verteidigung außerhalb des Gerichts sein. Wir haben auch mehr als 40 Bürgerprozesse gegen den spanischen Staat abgehalten und ihn für seine Verbrechen und Völkermorde in den letzten 500 Jahren verurteilt. Dies wird kaum positiven Einfluss auf unseren Prozess haben. Wir hoffen aber, dass unser politischer Angriff und die Mobilisierung helfen werden, endlich zu beenden, dass die Justiz und die Polizei für politische Ziele sowie für den Wahlkampf der Regierungs- und Oppositionsparteien missbraucht werden. So können wir den etwa 200 Menschen helfen, die noch von ähnlichen Anklagen betroffen sind.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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