Kanada bekommt liberale Regierung

Trudeau laut Prognosen nächster Premier: Steuern für Reiche, Geld in die Infrastruktur / Konservative unterliegen bei der Wahl / Harper tritt als Chef der Tories zurück

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Nach der Niederlage seiner konservativen Tories bei der Parlamentswahl in Kanada ist Premierminister Stephen Harper als Parteivorsitzender zurückgetreten. Die Konservativen wurden den Prognosen zufolge bei der Abstimmung abgewählt. Die oppositionellen Liberalen von Justin Trudeau erzielten laut Medienberichten mit über 170 der 338 Sitze die absolute Mehrheit im Parlament. Damit dürfte der 43-jährige Trudeau, ein Sohn des früheren Premierministers Pierre Trudeau, Harper nach neun Jahren an der Macht ablösen.

Harper gratulierte Trudeau am Abend in seinem Wahlkreis in Calgary im Westen des Landes. Er bat seine Tories zudem darum, die Wahl eines neuen Parteichefs vorzubereiten und einen Interimschef zu benennen, erklärte Parteipräsident John Walsh am Montagabend. Seinen Parlamentssitz will Harper nach Angaben seiner Partei aber behalten.

Ersten Ergebnissen zufolge holten die Liberalen alle 32 Parlamentssitze in den vier Atlantikprovinzen Neufundland und Labrador, Nova Scotia, New Brunswick und Prince Edward Island an der kanadischen Ostküste. Auch in den wichtigen Provinzen Ontario und Québec schnitten die Liberalen demnach gut ab. Harpers konservative Tories fuhren dagegen große Verluste ein und kommen im Abgeordnetenhaus nur noch auf rund hundert Sitze.

Die Liberalen hatten bereits in den letzten Umfragen vor der Wahl in Führung gelegen, nachdem es zuvor lange nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen ausgesehen hatte. Trudeau, der seit zwei Jahren Parteichef ist, hatte am letzten Wahlkampftag »nicht nur einen Regierungswechsel, sondern eine bessere Regierung« versprochen. Er hatte im Wahlkampf vor allem die Mittelklasse umworben. Er kündigte an, im Falle eines Wahlsiegs die Steuern für Reiche zu erhöhen und viel Geld in die Infrastruktur zu stecken, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Der seit 2006 regierende Harper warnte dagegen, eine liberale Regierung werde die Steuern erhöhen und das Land erneut ins Defizit stürzen. Nach neun Jahren Harper wünschte sich aber offenbar eine Mehrheit der Kanadier einen Regierungswechsel. Die Beliebtheitswerte des Langzeit-Premierministers waren zuletzt auf ein Rekordtief gefallen - nicht zuletzt wegen der schwächelnden Wirtschaft.

Auf dem dritten Platz dürfte die sozialdemokratische Neue Demokratische Partei (NDP) landen. Ihr Vorsitzender Thomas Mulcair hatte im Wahlkampfendspurt an die Skandale früherer liberaler Regierungen erinnert. Trudeau versuche, »dem alten Auto eine neue Farbschicht« zu geben, doch sei es genauso verrostet wie damals, als die Wähler die Partei wegen Korruption aus dem Amt gejagt hätten, sagte Mulcair. Seine Partei hatte zuletzt in Québec an Unterstützung verloren, weil sie ein Verbot des islamischen Kopftuchs ablehnte. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.