Boomender Magerviehhof

Bezirk Marzahn-Hellersdorf entwickelt Areal als Gewerbe- und Wohngebiet

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Einst Handelszentrum für Vieh, später Armeegelände, jetzt Kreativstandort: Der Magerviehhof in Friedrichsfelde-Ost verändert sich rasant. Derzeit läuft ein Planverfahren für das gesamte Gebiet.
Boomender Magerviehhof

Dieser wunderbare Ort mit seinen historischen Backsteinbauten, Baracken und Freiflächen kann Berliner Geschichte erzählen. Rege Betriebsamkeit herrschte dort einst vor den Toren der Stadt in Friedrichsfelde-Ost im Magerviehhof, als um 1900 Rinder, Schweine, Geflügel und Schafe verkauft wurden. Es gab einen eigenen Bahnhof, ein Postamt und ein Gasthaus. In ihrer Größe soll die Anlage sogar einmalig in Deutschland gewesen sein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte zunächst die Rote Armee das Gelände, später übernahm es teilweise die Nationale Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik. Schon zu DDR-Zeiten gab es im nördlichen Bereich Gewerbe. Inzwischen siedelte sich noch mehr kleinteiliges Handwerk an und das soll auch noch ergänzt werden. Zudem stehen seit 1995 einige Bereiche der Anlage unter Denkmalschutz.

Einen riesigen Aufschwung bekam die rund 30 000 Quadratmeter große Fläche vor zwei Jahren. Der Investor Peter Kenzelmann erwarb das Grundstück. Vor allem Kreative - unter anderem auch Metallkünstler aus dem weltberühmten Tacheles in Mitte, das 1990 von Hausbesetzern gegründet wurde, aber 2012 schließen musste - zogen nach Marzahn.

Mittlerweile sind der Börsensaal, die alte Güterstation und das Eisenbahnerhaus saniert. Tagungen, Workshops, Lesungen aber auch Kurse und Kinoaufführungen finden auf dem Areal zwischen Rhinstraße, Allee der Kosmonauten und Bahntrasse statt. Ein Biergarten und eine Brau-stube eröffneten, in der Gäste das Börsenbräu »Marzahner« ausgeschenkt bekommen. »Es hat sich eine lebendige Sozialstruktur entwickelt, die allerdings auch Konflikte mit sich bringt«, sagte der Marzahn-Hellersdorfer Stadtrat für Stadtentwicklung, Christian Gräff (CDU), auf einer Bürgerversammlung Anfang der Woche.

Ziel des Bezirkes sei es, den gesamten Bereich zu einem Gewerbe- und Wohngebiet zu entwickeln. »Das umfasst nicht nur den Erhalt der langgestreckten geschlossenen Gewerbeanlage, der Gleise und Straßen, sondern ebenso die attraktive Gestaltung der Lindenallee als historisch bedeutsame Verkehrsachse«, sagte der Stadtrat. Mit dem aktuellen Verfahren sichert der Bezirk außerdem planungsrechtlich die Wohnbauflächen entlang der Beilsteiner Straße.

Gräff informierte über den aktuellen Stand des gesamten Vorhabens: So liege unter anderem ein Lärmgutachten sowie ein Konzept- und Gestaltungsleitfaden vor. Letzterer werde zeitnah ins Internet gestellt, versprach der Stadtrat. Er kündigte zudem den Ausbau der Straße Zur Alten Börse an, auf der die Autofahrer bislang einen wahren Parcours rund um Schlaglöcher bewältigen müssen. Ein Fördermittelantrag beim Bund und beim Land Berlin in Höhe von 8,5 Millionen Euro sei gestellt. Zuvor musste die bisherige Privatstraße von ihren Eigentümern allerdings kosten- und lastenfrei der öffentlichen Hand übertragen werden. »Ich bin optimistisch, dass wir die Mittel bekommen«, sagte Christian Gräff auf der Bürgerversammlung. Doch der Stadtrat stellte klar: »Der Baubeginn wird nicht vor 2017 erfolgen.« Vorher seien noch umfangreiche Erschließungsleistungen wie unter anderem Arbeiten der Berliner Wasserbetriebe geplant.

Anwohner des Areals wollten wissen, ob die Straße auch weiterhin Richtung Norden an einem Zaun endet. »Unser Ziel ist es, sie bis zur Allee der Kosmonauten durchzuführen«, erklärte der Stadtrat. Man stehe mit den Eigentümern im Dialog.

Nach weiteren Bauprojekten befragt, teilte Gräff mit, dass ein Hostel im mittleren Bereich des Magerviehhof-Geländes entstehen soll. Und er betonte: »Jede Gewerbeanfrage wird im Einzelfall geprüft.« Zulässig seien unter anderem Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -