Die Golf-Region ist ein großer Waffenbasar
Allen voran die USA rüsten eines der gefährlichsten Spannungsgebiete der Welt massiv auf / Neuer Milliarden-Deal mit Saudi-Arabien
Es ist, als würde man Tag für Tag neue Lunten an ein Pulverfass legen. Deutsche Konzerne haben auch im ersten Halbjahr 2015 Waffen für viele Millionen Euro in die Golfstaaten geliefert. Allein im Juni gingen Rüstungsgüter im Wert von rund 11,5 Millionen nach Katar. Zugleich wurden neue Lieferungen in eine der konfliktreichsten Regionen der Welt bewilligt. So ist in dem am Mittwoch vom Bundeskabinett abgenickten Rüstungsexportbericht unter anderem die Rede von einem weiteren U-Boot für Israel und zwölf Spürpanzern für Kuwait. Der Wert der Genehmigungen für Saudi-Arabien stieg auf 178 Millionen Euro. Und doch sind all diese Summen nur Peanuts angesichts einer Meldung aus Washington.
Dort hat die Obama-Regierung am Dienstag (Ortszeit) dem Verkauf von vier Kriegsschiffen im Wert von elf Milliarden Dollar (rund 9,7 Mrd. Euro) an die autokratische Ölmonarchie zugestimmt. Jetzt müsse nur noch der Kongress den Deal billigen. Saudi-Arabien, ungeachtet massiver Menschenrechtsverletzungen ein strategischer Verbündeter, wolle vor dem Hintergrund der Spannungen in der Region seine Flotte modernisieren. Jedes der schnellen und gut in flachem Wasser einsetzbaren Schiffe ist mit mehrere Dutzend Luftabwehr- und anderen Raketen bestückt. Im Persischen Golf werden sie vor allem mit Schiffen des großen Rivalen Iran konfrontiert sein.
Während Russland vor allem das Assad-Regime in Syrien mit Kampfjets, Drohnen, Panzern, Raketenwerfern und anderen Waffen ausstattet, rüsten die USA ihre Partner im Nahen und Mittleren Osten auf und vergessen dabei nicht nur im Falle Riads die sonst so gern beschworenen Menschenrechte. So hat Washington vier Jahre nach der blutigen Niederschlagung von regierungskritischen Protesten in Bahrain gerade wieder seine Militärhilfe für den Golfstaat aufgenommen. Er gilt weiter als wichtiger Partner im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Dort ist auch die Fünfte Flotte der Supermacht stationiert. Amnesty International hat Bahrain in diesem Jahr anhaltende Menschenrechtsverletzungen gegen Oppositionelle vorgeworfen.
Inzwischen haben die USA sogar gegen eherne Grundsätze für die Lieferung hochentwickelter Waffen an arabische Staaten verstoßen. Die dürfen nämlich eigentlich israelischen Waffensystemen nicht überlegen und müssen auch in den eigenen Waffenarsenalen vorhanden sein. Doch wie Colin Kahl, Sicherheitsberater von Vizepräsident Joe Biden, erklärte, dürften die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) die weltweit modernsten F-16-Kampflugzeuge aus US-amerikanischer Produktion nutzen - »fortschrittlicher« noch als jene, die von der US Air Force geflogen würden.
Allein in den ersten fünf Jahren der Obama-Administration seien mit den von Washington besonders hofierten sechs Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrats (GCC) Bahrain, Oman, Katar, Kuwait, Saudi-Arabien und VAE Verträge über den Transfer von Waffen und Militärdienstleistungen im Wert von 64 Milliarden Dollar an GCC-Mitglieder abgeschlossen worden, so William Hartung, Leiter des Projekts »Waffen und Sicherheit« am Center for International Policy. Drei Viertel der Lieferungen gingen an Saudi-Arabien, ob Kampfflugzeuge und -hubschrauber, Radar- und Tankflugzeuge oder Luft-Luft-Raketen, gepanzerte Fahrzeuge, Artillerie, Kleinwaffen, Munition und Streubomben. Insgesamt haben die GCC-Staaten im Vorjahr zusammen fast 135 Milliarden US-Dollar für ihre Militär verpulvert. Wobei die Saudis laut Kahl mit Rüstungseinkäufen im Wert von über 80 Milliarden Dollar führend gewesen seien.
Dabei buhlen neben Deutschland auch andere europäische Länder um die Rüstungsgunst der Staaten im Nahen und Mittleren Osten, allen voran Großbritannien und Frankreich, die etwa Katar seit Jahrzehnten aufrüsten. Gerade hat Paris mit dem Regime in Kairo einen Vertrag über den Kauf zweier ursprünglich von Russland bestellten Hubschrauberträger des Typ Mistrals abgeschlossen. Laut Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sollen die beiden Kriegsschiffe für 950 Millionen Euro Anfang kommenden Jahres an Ägypten ausgeliefert werden.
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