Wiederbelebung des EuroHawk
Verteidigungsministerium weckt totgeglaubtes Rüstungsprojekt wieder auf
Die Flüge mit den elektronischen Spionen gehören zur sogenannten »European Reassurance« Initiative. Man will so ein sichtbares Zeichen des Engagements in und für Europa und für die transatlantische Bindung setzen. Und dabei werden die USA durch Deutschland unterstützt. Diese Mitteilung verschickte das Verteidigungsministerium in Berlin am vergangenen Freitag.
Dort weiß man, wie sensibel der Einsatz der US-Drohnen über Deutschland ist. Schließlich sind die Dinger mit Elektronik vollgestopft, mit denen man nicht nur Radarstellungen und militärischen Funkverkehr abhören kann. Auch wo welches Handy ist und was mit seiner Hilfe mit wem besprochen wird, können sie aus großen Höhen »abgreifen«.
Die USA versichern, sich nicht für die Daten aus Deutschland zu interessieren. Die Drohnen gehören der Luftwaffe, nicht der NSA. Vorsorglich hat das Bundesverteidigungsministerium dennoch die Benutzung der Aufklärungssensoren während des Überflugs über Deutschland untersagt. Bei einer Probe dieses Einsatzes vor einigen Monaten schickte man eigens einen Verbindungsoffizier ins US-Drohnenzentrum, der die Einhaltung des Verbots kontrollieren sollte. Nun ist davon nicht die Rede.
Bis zu fünf Überflüge in Höhen über 15 Kilometer sollen monatlich stattfinden. Die GlobalHawks sollen auf dem Weg von Sigonella auf Sizilien über Frankreich und Deutschland auf einem eigens für sie eingerichteten Korridor zu ihrem Operationsgebiet über der Ostsee fliegen. Der Rückmarsch erfolge auf derselben Strecke, Landungen und Starts in Deutschland sind nicht vorgesehen. So könnten direkte Auswirkungen auf den Luftverkehr über Deutschland weitestgehend ausgeschlossen werden.
Solche Auswirkungen auf den normalen Luftverkehr ließen 2013 das EuroHawk-Drohnenprojekt der Bundeswehr »abstürzen«. Der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), der nun das Innenressort leitet, hatte die Reißleine gezogen. Jedenfalls sagte er das, nachdem klar geworden war, dass man nie und nimmer eine Genehmigung zum Betrieb dieser elektronischen Aufklärungsplattform erlangen kann. In einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss rettete nur die Mehrheit der Regierung den Hals des Politikers.
Zwischen den US-GlobalHawks und dem EuroHawk, der nun im bayerischen Manching abgestellt ist, gibt es äußerlich nur wenige Unterschiede. Das Innenleben unterscheidet sich. Die Bundeswehr wollte mit Geräten der europäischen Rüstungsfirma EADS, heute Airbus Defence, operieren. Man sei ganz kurz vor der Einsatzbereitschaft gewesen, hieß es bei der Einstellung des Projektes.
Das war eine Lüge, wie man heute weiß. Man untersuchte die Möglichkeit, die Geräte mit einem bemannten Flugzeug zur Einsatzreife zu testen, doch der Gedanke wurde rasch verworfen. Was tun? Ganz klar: Den EuroHawk wieder fliegen lassen! Das Projekt gehört längst wieder zu den wichtigsten Rüstungsvorhaben des Verteidigungsministeriums - auch wenn es im Bericht des Bundesministeriums für Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten, der Anfang Oktober veröffentlicht wurde, nicht vorkommt. Wenn man sich jedoch das Abkürzungsverzeichnis genauer anschaut, so findet man die Begriffe UAV - so bezeichnet man Drohnen -, USAF, das steht für US Air Force. Diese Abkürzungen finden keine Entsprechung im Text. Jedenfalls nicht in dem veröffentlichten. Im geheimen jedoch macht sich das Ministerium schon Gedanken über die Zulassungsmodalitäten für den Weiterbetrieb des »Full Scale Demonstrators«. Da sei alles noch »völlig offen«. Widerstand auch aus den USA wird erwartet, weil Deutschland bestimmte Forderungen stellen will. Dennoch ist man entschlossen, die Testflüge ab 2017 wiederaufzunehmen. Doch dazu braucht man die Hilfe der im Abkürzungsverzeichnis erwähnten US Air Force.
Ziel der ganzen - noch geheimen - Operation ist der Kauf von MQ-4C-Drohnen. Das ist die inzwischen von Hersteller Northrop Grumman weiterentwickelte Drohnenvariante.
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