Zwei Kinder vor Lesbos ertrunken

Mehr als halbe Million Flüchtlinge seit Jahresbeginn in Griechenland angekommen / Georgios Chatzimarkakis: Finanzkrise mit Flüchtlingspolitik koppeln

  • Lesedauer: 3 Min.

Update 16.05 Uhr: Zwei Kinder vor Lesbos ums Leben gekommen
Erneut sind zwei kleine Flüchtlingskinder vor der griechischen Insel Lesbos ums Leben gekommen. Sie kamen an Bord eines Bootes mit 40 Migranten am Mittwochvormittag im Norden der Insel an. Die Küstenwache entdeckte die toten Kinder im Boot, doch alle Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos, wie der staatliche Rundfunk meldete. Weiter südlich kenterten wegen stürmischer Winde zwei Flüchtlingsboote vor Samos und Agathonisi. Sechs Menschen werden vermisst, auch darunter drei Kinder. Die Suche der Küstenwache blieb bis zum Nachmittag erfolglos.

In der Region ist die Wetterlage sehr gefährlich für kleine Boote. Am Mittwochmorgen herrschten Winde der Stärke sieben. »Unter diesen Wetterbedingungen könnte es zu schlimmen Unglücken kommen«, sagte ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur.

Tausche Transitzone gegen Schuldenschnitt

Athen. Der frühere griechischer Ehrenbotschafter und Europaabgeordneter Georgios Chatzimarkakis hat im Interview mit dem Deutschlandfunk einen interessanten Deal zwischen Griechenland und der EU ins Gespräch gebracht. Athen könne die geforderten Transitzonen für Flüchtlinge einrichten, wenn es im Gegenzug zu einem Schuldenerlass durch die Gläbuiger kommt. »Täglich kommen weit über 10.000 Menschen über Griechenland auf die Balkan-Route, dann nach Deutschland am Ende, und hier könnte man eventuell - das fordern griechische Politiker - etwas koppeln«, sagte Chatzimarkakis im Interview.

Der frühere Europaageordnete erinnerte daran, dass Griechenland und Italien als Folge der Dublin-II-Regelung schon seit Jahren mit besonders hohen Flüchtlingszahlen konfrontriert sind und deshalb immer wieder auf einen fairen Ausgleich der Lasten drängen. »Hat man nicht gemacht, hat man genauso wie den Schuldenschnitt in die Zukunft verschoben und jetzt kommen die Probleme ganz geballt auf uns zu.«

Einen ähnlichen Vorschlag brachte die griechische Regierung indirekt ebenfalls ins Gespräch. Wegen der hohen Belastung durch die vielen eingereisten Flüchtlinge forderte der stellvertretende Minister Ioannis Mouzalas, der zuständig für Migrationspolitik ist, im Nachrichtensender Skai eine Lockerung der Kürzungsvorgaben.

Wie groß der Druck auf Athen derzeit ist, zeigt die unverminderte Ankunft Tausender Migranten auf dem griechischen Festland. Am frühen Mittwochmorgen liefen in Piräus zwei Fähren mit insgesamt 3173 Migranten und Flüchtlingen an Bord ein. Sie hätten die Menschen von den Inseln Lesbos und Chios gebracht, teilte die Küstenwache mit.

Nach Angaben der griechischen Behörden sind seit Jahresbeginn mehr als 545.000 Flüchtlinge und Migranten aus der Türkei auf den Inseln im Osten der Ägäis angekommen. Das UN-Flüchtlingskommissariat gibt die Zahl mit mehr als 560.000 an. In ihrer Mehrheit stammen die Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Sie geben an, vor allem nach Westeuropa weiterreisen zu wollen. Die große Mehrheit der Asylbewerber in Deutschland stammt aus Syrien. Bis Ende des Jahres will Athen Aufnahmelager und Unterkünfte für 50 000 Menschen bereitstellen. Agenturen/nd

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