Westsahara befreit, um sie zu besetzen
Polisario wehrt sich seit 40 Jahren gegen Marokko
In Marokko wurde der Grüne Marsch gefeiert, in der Westsahara nicht: Der Tag, an dem am 6. November 1975 Hunderttausende Marokkaner in die Westsahara zogen mit dem Ziel, das Gebiet von der spanischen Kolonialherrschaft zu befreien. Doch die selbst ernannten Befreier blieben: Bis heute gilt die Westsahara international als von Marokko besetzt.
In diesem Jahr jähren sich Ereignisse, die für die Westsahara, die letzte Kolonie Afrikas, von entscheidender Bedeutung sind: Am 26. Februar vor 130 Jahren endete in Berlin die »Kongokonferenz«, als deren Folge die Westsahara spanische Kolonie wurde. Vor 40 Jahren setzte »der Westen«, vor allem vertreten durch Frankreich und die USA, alles daran, das Selbstbestimmungsrecht des sahrauischen Volkes außer Kraft zu setzen und den nahtlosen Übergang von der alten Kolonialmacht, Spanien, zur neuen, Marokko, sicherzustellen.
Der Herbst 1975 war für die Westsahara ein »heißer Herbst«. Die marokkanischen und mauretanischen Gebietsansprüche über die Westsahara wurden immer schärfer artikuliert. 1974 schien Spaniens Diktator Franco sich diesen Ansprüchen entgegenzustellen und »drohte«, den Dekolonisierungsprozess für die - mittlerweile - spanischen Überseeprovinzen der Westsahara einzuleiten.
Weil die Annexionsgelüste Marokkos immer deutlicher wurden, einigten sich die traditionellen sahrauischen Autoritäten am 12. Oktober 1975 und erkannten die Frente Polisario als legitime Vertretung des sahrauischen Volkes an. Am 16. Oktober verkündete der Internationale Gerichtshof seine Auffassung, dass »aus den ihm vorgelegten Dokumenten keinerlei politische Bindungen sowohl zwischen Marokko als auch Mauretanien und der Westsahara in vorkolonialer Zeit erkennbar wären« und empfahl daher nach Resolution 1415 der UN Generalversammlung auch den Sahrauis »zu gestatten, völlige Unabhängigkeit und Freiheit zu genießen«.
Nur zehn Tage später kam es zu einer Großdemonstration in El-Aaiún, der Hauptstadt der Westsahara, worin allen Interventionen eine klare Absage erteilt und die völlige Unabhängigkeit verlangt wurde. Stattdessen »legalisierte« Spanien am 14. November unter massivem Druck seitens Frankreichs und der USA den Verkauf »seiner« Überseeprovinzen an Marokko und Mauretanien. Mit dem völkerrechtswidrigen »Dreiseitigen Abkommen von Madrid« sicherte sich Spanien für die nächsten zwölf Jahre 35 Prozent des Erlöses aus der Phosphatmine BuCraa sowie Fischfangrechte vor der sahrauischen Küste.
Mauretanien musste nach vier Jahre Krieg das Land verlassen und pflegt seither gutnachbarliche Beziehungen zur Demokratischen Arabischen Republik Sahara. Marokko hat den wirtschaftlich interessanten westlichen Teil des Landes mit einem Wallsystem abgesperrt, um ungestört die Ressourcen des Landes zu plündern. Dabei kommt es zu massiven Menschenrechtsverletzungen. Dies alles geschieht mit Duldung und Unterstützung des Westens: kein Einspruch gegen Kolonialismus statt Selbstbestimmung im Sinne des Völkerrechts.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.