Eine Chance mit Risiko
Hamburgs Olympiaplaner haben nachhaltige Sommerspiele 2024 versprochen - doch daran zweifeln Kritiker
Für Hamburgs Stadtentwicklung könnte Olympia eher ein Weg als das Ziel sein. So lässt sich zumindest die Haltung der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank verstehen, die in der Bewerbung der Hansestadt für die Spiele »eine Art Hoffnungsthema« sieht, »sich in sozialer Verantwortung weiterzuentwickeln«. »Die Idee der Spiele kann als Beschleuniger wirken«, warb die Grünen-Politikerin auf einer Diskussionsveranstaltung (»Olympische Spiele 2024: Nachhaltig und ökologisch?«) ihrer Partei »Olympische Spiele 2024: Nachhaltig und ökologisch?« in Hamburg.
Doch an Alster und Elbe wird längst nicht mehr über das Wie, sondern über das Ob debattiert. »Die Informationslage zur Nachhaltigkeit lässt bislang kein belastbares Konzept erkennen«, kritisierte Manfred Braasch vom BUND Hamburg die bisherigen Pläne und äußerte den Verdacht, dass »ein stadtentwicklungspolitisch sinnvolles Projekt überfrachtet« werde. Zweieinhalb Wochen vor dem Referendum am 29. November ist in Hamburg von olympischer Euphorie jedenfalls nur noch wenig zu spüren. Die Begeisterung konzentriert sich zunehmend auf die Sportler und ihren Funktionäre, die am vergangenen Sonntag im Stadtpark eine 13 000-köpfige Nachbildung der olympischen Ringe formten.
Das Hamburger Konzept wirbt vor allem mit nachhaltigen Spielen, die in die Stadtentwicklung integriert seien. Demnach soll aus dem zentralen Olympiagelände auf der Elbinsel Kleiner Grasbrook nach den Spielen ein neuer Stadtteil inklusive Freizeitbad und Kreuzfahrtterminal werden. Zurzeit wird das Bild des Grasbrooks allerdings noch von Gebrauchtwagenkarawanen bestimmt, die auf ihre Ausschiffung nach Afrika warten.
Welche Ausweichflächen der auf dem Grasbrook angesiedelten Hafenwirtschaft zur Verfügung gestellt werden, steht allerdings noch nicht fest. »Das Flächenthema wird uns noch lange beschäftigen«, mutmaßte Braasch und warnte vor einer möglichen Zuschüttung von Hafenbecken. Auch Alexander Porschke, Vorsitzender des Naturschutzbunds Hamburg nahm an, dass sich die Hafenwirtschaft ihre »Blockademacht vergolden lassen« wolle. »Olympia bietet echte Chancen, ist aber auch mit Risiken verbunden. Es sind noch dicke Bretter zu bohren, damit der Bewerbungskurs auf Nachhaltigkeit bleibt«, so Porschke, der dem Projekt von Anfang an positiv gegenüber stand: »Wo sonst kann man 8000 Wohnungen bauen, ohne Grünflachen in Anspruch zu nehmen«, sagte er.
Seine Vorstandskollegen vom Naturschutzbund hatten den einstigen grünen Umweltsenator (1997-2001) jedoch bereits zurückgepfiffen, als er im Alleingang eine »Olympiaerklärung« unterzeichnet hatte - in der Diskussion nahm er zwischen Fegebanks Ja und Braaschs Nein nun folgerichtig die Jein-Position ein.
Während die Hamburger schon seit Tagen ihre Wahlunterlagen bekommen haben, um am 29. November über die Bewerbung abzustimmen, stehen hinter der Finanzierung weiter Fragezeichen. Der Senat bezifferte den Hamburger Eigenanteil auf 1,2 Milliarden Euro, der Bund ist bislang nicht bereit, den geforderten Löwenanteil von 6,2 Milliarden Euro zu garantieren. »Wir haben klare Aussagen gemacht und Grenzen eingezogen«, deutete Fegebank an, dass ohne Bundesmittel in entsprechender Höhe ein Hamburger Rückzug zwingend erfolgen würde. »Die Erschließung des Kleinen Grasbrooks kann es nur mit Drittmitteln geben«, verdeutlichte Porschke.
Die Wissenschaftssenatorin und ehemalige Schwimmtrainerin Fegebank plädierte abschließend für »etwas Mut« statt »Angst vor dem bösen IOC« zu haben. »Warum lässt man sich nicht einmal auf den Weg ein? Ich sehe noch überhaupt nicht, dass wir uns gegen die anderen Städte durchsetzen, aber wir wollen doch erst mal dahinkommen. Je weiter wir im Prozess kommen, desto mehr ist dann schon angestoßen.«
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