Berlin fliegt in den Krieg gegen den IS

Bundesregierung will Aufklärungs-Tornados schicken / LINKE: Bundeswehr-Einsatz erhöht Terrorgefahr in Deutschland / Russland bekräftigt Interesse an Anti-Terror-Koalition

  • Lesedauer: 7 Min.
Nach den Anschlägen des IS in Paris arbeiten Frankreich, die USA, Deutschland und Russland weiter an der internationalen Koordinierung einer militärischen Offensive gegen die Terrororganisation.

Update 17.10 Uhr: Moskau fordert russische Staatsbürger zur Rückkehr aus Türkei auf
Nach dem Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs im türkisch-syrischen Grenzgebiet hat Moskau die in der Türkei lebenden eigenen Staatsangehörigen zur Rückkehr nach Russland aufgefordert. »Angesichts der aktuellen terroristischen Bedrohung in der Türkei wiederholen wir unseren Aufruf an die russischen Staatsbürger davon abzusehen, die Türkei zu besuchen, und rufen diejenigen auf, die sich dort aus persönlichen Gründen aufhalten, nach Hause zurückzukehren«, erklärte das russische Außenministerium am Donnerstag.

Update 16.55 Uhr: Berlin will auch Kriegsschiffe in Syrien bereitstellen
Neben den Tornado-Kampfjets will die Bundesregierung Frankreich zur militärischen Unterstützung auch ein Kriegsschiff, mindestens ein Tankflugzeug zur Betankung von Kampfjets der Anti-IS-Koalition und Satellitenaufklärung in Syrien anbieten. Ein Mandat der Vereinten Nationen gibt es für den Einsatz nicht.

Update 14.40 Uhr: Gehrcke: Bundeswehreinsatz völkerrechtlich ausgeschlossen
Wolfgang Gehrcke, Bundestagsabgeordneter der Linksfraktion, kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung in der Diskussion um einen Bundeswehreinsatz in Syrien scharf. »Das offensichtliche Angebot der Bundeskanzlerin, deutsche RECCE-Tornados über Syrien einzusetzen, erfolgt ohne Beschluss der Vereinten Nationen und ohne jede Rücksprache mit der syrischen Regierung. Der Bundestag soll im Nachhinein informiert werden. DIE LINKE lehnt ein solches Vorgehen strikt ab.«, erklärte Gehrcke am Donnerstag.

Update 14.35 Uhr: Deutschland will »Tornado«-Jets in den Kampf gegen IS schicken
Als Konsequenz aus den Anschlägen in Paris will sich Deutschland mit Tornado-Aufklärungsflugzeugen am Militäreinsatz gegen die Terrororganisation Islamischer Staat beteiligen. Das beschlossen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die zuständigen Minister am Donnerstag bei einem Treffen in Berlin, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr.

Update 14.25 Uhr: LINKE: Tornado-Einsatz in Syrien erhöht Terrorgefahr in Deutschland
Die Vorsitzende der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht, kritisierte die aktuellen Diskussionen über einen Tornado-Einsatz in Syrien: »Wer Bundeswehr-Tornados nach Syrien schickt, der züchtet noch mehr Terroristen und erhöht die Anschlagsgefahr in Deutschland«. Die Bundesregierung ziehe keine Konsequenzen aus den gescheiterten Kriegseinsätzen im Irak, Afghanistan und Libyen. Anstelle eines Bundeswehreinsatzes forderte die Bundestagsabgeordnete, den Nachschub an Waffen und Kämpfern an den IS sowie die IS-Finanzströme zu unterbinden. Neben einem Stopp sämtlicher Waffenexporte in die Region sei hierfür die Beendigung der Zusammenarbeit mit Saudi Arabien und den Golfstaaten notwendig.

Update 14.15 Uhr: CDU-Verteidigungspolitiker Otte: Deutsche Aufklärungstornados nach Syrien
Deutschland wird nach Angaben aus der Unionsfraktion »Tornado«-Aufklärungsflugzeuge in den Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) schicken. »Wir werden nicht nur die Ausbildungsmission im Nordirak stärken, sondern in Syrien unter anderem mit RECCE-Aufklärungstornados unser Engagement im Kampf gegen den IS-Terror vorantreiben«, erklärte der Obmann der CDU/CSU-Fraktion, Henning Otte, am Donnerstag in Berlin. Das Verteidigungsministerium wollte das nicht kommentieren. Derzeit laufen noch die letzten Abstimmungen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den zuständigen Ministern, die um 13.00 zu einer Sitzung zusammengekommen sind. Für 17.00 Uhr sind dann jeweils Sondersitzungen der Koalitionsfraktionen Union und SPD zum Thema »Unterstützung Frankreichs im Kampf gegen den Terror« angesetzt. Auch die Grünen tagen ab 17.30 Uhr.

Update 11.55 Uhr: Cameron wirbt bei Abgeordneten für Angriffe gegen IS in Syrien
Der britische Premierminister David Cameron hat bei den Abgeordneten seines Landes erneut für eine Beteiligung an den Luftangriffen gegen den Islamischen Staat (Daesh) in Syrien geworben. »Ich denke, dass wir jetzt die Entscheidung treffen sollten, die britischen Luftangriffe gegen den IS auf Syrien auszuweiten«, erklärte Cameron am Donnerstag, bevor er eine Rede im Parlament halten sollte.

Ob Cameron diesmal grünes Licht von den Abgeordneten bekommt, ist aber unklar. Weil es bei seinen Konservativen einige Abweichler geben dürfte, ist Cameron auf Stimmen aus der Opposition angewiesen. Der neue Labour-Chef Jeremy Corbyn lehnt Luftangriffe in Syrien ab. Erst Anfang November hatte auch der Auswärtige Ausschuss des Parlaments Camerons Pläne als »inkohärent« zurückgewiesen. Luftangriffe gegen den IS seien nicht sinnvoll, solange es keine klare Strategie im Kampf gegen den IS gebe.

Update 11.25 Uhr: Russland will weniger türkische Lebensmittel importieren
Vor dem Hintergrund der Spannungen mit der Türkei nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets will Russland die Kontrollen über Lebensmittelimporte aus der Türkei verschärfen. Der russische Landwirtschaftsminister Alexander Tkatschew begründete dies am Donnerstag mit »wiederholten Verletzungen russischer Normen durch türkische Hersteller«. Er verwies dabei etwa auf »verbotene und schädliche Substanzen« sowie stark erhöhte Pestizid- und Nitratwerte.

Die russische Regierung habe die Behörde für Lebensmittelsicherheit deshalb aufgefordert, die Kontrollen über landwirtschaftliche Produkte aus der Türkei zu verschärfen. Außerdem seien zusätzliche Überprüfungen an der Grenze und an Produktionsstätten in der Türkei geplant. Von den Maßnahmen könnten 15 Prozent der landwirtschaftlichen Importprodukte in Russland betroffen sein.

Merkel erwägt weitere Bundeswehreinsätze gegen IS

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem französischen Präsidenten François Hollande noch weitergehende Hilfe im Anti-Terror-Kampf in Aussicht gestellt. »Wenn der französische Präsident mich bittet, darüber nachzudenken, was wir mehr tun können, dann ist das Aufgabe für uns, darüber nachzudenken«, sagte Merkel am Mittwochabend bei einem Treffen mit Hollande in Paris. »Wir werden hier sehr schnell reagieren.« Ohne auf Details einzugehen, sagte Merkel: »Der Islamische Staat muss mit militärischen Mitteln bekämpft werden.«

In Berlin wird derzeit über einen möglichen Einsatz deutscher Tornado-Aufklärungsflugzeuge über Syrien und dem Irak spekuliert. Deutsche Tornados sollten nach Ansicht des Außen- und Verteidigungsexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Roderich Kiesewetter, nur mit einem entsprechenden UN-Mandat an einem Einsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beteiligt werden. »Ohne ein Mandat der Vereinten Nationen wär das sicherlich sehr schwierig. Also ich glaube, da legt der Bundestag auch großen Wert darauf«, sagte er am Mittwoch dem Radiosender ffn. Aufklärungs-Tornados könnten IS-Stellungen erfassen und Tornados mit einer speziellen Ausrüstung zur Funkstörung die Luftabwehrstellungen des IS bekämpfen oder »sogar direkt mit Raketen diese Luftabwehrstellungen zerstören«, sagte Kiesewetter.

Um die französischen Streitkräfte im Anti-Terror-Kampf zu entlasten, sollen nach einer Ankündigung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) künftig bis zu 650 Bundeswehrsoldaten im westafrikanischen Mali stationiert werden. Zudem soll die Zahl der deutschen Soldaten, die im Nordirak kurdische Peschmerga-Kämpfer ausbilden, von 100 auf 150 erhöht werden. Hollande begrüßte die deutschen Pläne. Zugleich sagte er: »Falls Deutschland weiter gehen könnte, wäre das ein sehr gutes Signal.«

Die LINKE stellte sich am Mittwoch im Bundestag gegen weitere Bundeswehreinsätze. Bomben seien keine Strategie, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch am Mittwoch in der Generaldebatte über den Haushalt. »Terror bekämpft man nicht mit Krieg«. Bartsch mahnte mehr diplomatische Anstrengungen sowie Konzepte für Länder wie Syrien an. Es müsse zudem ein effektives Waffenembargo geben. Denn niemand wisse, wo die aus Deutschland kommenden Waffen letztlich landeten. »Die Spirale der Gewalt liefert den Terroristen immer neue Attentäter.«, warnte er.

Moskau bekräftigt Interesse an breiter Anti-Terror-Koalition

Vor dem Treffen Hollandes mit Putin in Moskau bekräftigte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow das Interesse Russlands an einer internationalen Koalition im Kampf gegen den Terrorismus. Russland wolle eine »breite Anti-Terror-Front, eine echte Koalition«, sagte Rjabkow der Agentur Interfax. Dazu gebe es keine Alternative.

Russland und Frankreich fliegen unabhängig voneinander Luftangriffe in Syrien. Bereits nach den Anschlägen in der französischen Hauptstadt hatten Moskau und Paris engere Absprachen angekündigt.

Russland steht in der Kritik, weil es mit seiner Intervention den syrischen Machthaber Baschar al-Assad unterstützt. Der Abschuss eines russischen Kampfjets durch das Nato-Mitglied Türkei am Dienstag wirft einen Schatten auf die Bemühungen, Russland und den Westen im Kampf gegen den Terrorismus zu einen. Der russische Vizeaußenminister Rjabkow meinte, ein Ziel dieser Aktion könne gewesen sein, die Bildung einer internationalen Koalition zu torpedieren.

US-Außenminister John Kerry forderte seinen russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zur Deeskalation im Streit mit der Türkei auf. Der Vorfall dürfe nicht dazu führen, dass die Spannungen zwischen Russland und der Türkei sowie in Syrien größer würden, sagte Kerry am Mittwochabend in einem Telefonat mit Lawrow. Die USA lehnen eine militärische Zusammenarbeit mit Russland ab, solange Moskau den syrischen Machthaber Baschar al-Assad unterstützt. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -