50 Kommunen zahlen Reichensteuer

Thüringer Gemeindekassen sehr unterschiedlich gefüllt

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Insgesamt 50 Gemeinden im gesamten Freistaat Thüringen geht es finanziell so gut, dass sie eine Umlage zahlen müssen, die gerne Reichensteuer genannt wird. Nach einer Aufstellung des Innenministeriums in Erfurt sind darunter Gemeinden aus fast allen Landkreisen im Freistaat. Zusammen müssen diese Kommunen im laufenden Jahr etwa 9,6 Millionen Euro Reichensteuer zahlen. Die Zahlen belegen, welche große Unterschiede es im Land bei der finanziellen Lage der einzelnen Kommunen gibt. Vertreter des rot-rot-grünen Regierungsbündnisses hatten in der Vergangenheit immer wieder erklärt, es sei ein zentrales Ziel der Koalition, diese Unterschiede im Rahmen einer Reform des Kommunalen Finanzausgleichs zu nivellieren.

Den höchsten Reichensteuer-Einzelbetrag unter den 50 Kommunen muss der Aufstellung zufolge die Gemeinde Amt Wachsenburg im Ilmkreis zahlen. Auf Basis der Daten von 2014 hat das Finanzministerium für die Kommune eine Zahllast von etwa 2,2 Millionen Euro errechnet. Mehrere andere Gemeinden müssen etwa 1,1 bis 1,4 Millionen Euro Reichensteuer zahlen: Unterbreizbach im Wartburgkreis, Großheringen im Weimarer Land und Unterwellenborn im Landkreis Saalfeld Rudolstadt. Selbst im Dauer-Pleite-Kreis Unstrut-Hainich hat eine Kommune Reichensteuer zu zahlen: die Gemeinde Malterode muss den Angaben des Innenressorts zufolge fast 10 000 Euro überweisen.

Die Mehrzahl der entsprechenden Kommunen muss jeweils mehrere Zehntausend oder einige Hunderttausend Euro aus dem Kommunalhaushalt abführen. In der Regel sind Kommunen dann besonders finanzstark, wenn auf ihrer Gemarkung große Unternehmen zu finden sind.

Diese kommunale Reichensteuer wird im Fachdeutsch Finanzausgleichsumlage genannt. Sie wird dann fällig, wenn die Finanzkraft einer Kommune einen bestimmten Kennwert übersteigt. Das Geld, das diese wohlhabenden Gemeinden zahlen müssen, fließt dann in jenen Topf - die Finanzausgleichsmasse. Aus diesem Topf heraus die Kommunen im Freistaat nach bestimmten Schlüsseln Geld erhalten.

Nach Angaben des Innenministeriums hat sich die Mehrheit der Gemeinden offenbar damit abgefunden, einen Teil ihrer Finanzkraft mit den anderen Kommunen in Thüringen so teilen zu müssen, so wie dies das Finanzministerium errechnet hat. Nur zwei Gemeinden - Nohra im Weimarer Land und Petersberg im Saale-Holzland-Kreis - hätten gegen die entsprechenden Bescheide Verwaltungsklagen eingereicht, heißt es in einem Schreiben des Innenministeriums an den LINKE-Abgeordneten Frank Kuschel. Nohra soll den Angaben nach etwa 304 000 Euro Finanzausgleichsumlage zahlen, Petersberg etwa 70 000 Euro.

Da die Zahl aller Gemeinden in Thüringen derzeit bei etwa 850 liegt, ist der Kreis der sehr wohlhabenden Kommunen mit 50 zwar relativ gesehen ziemlich klein. Der genauere Blick auf die betreffenden Gemeinden macht aber aus Sicht der Befürworter einer Gebietsreform sichtbar, wie dringend Thüringen auch wegen der unterschiedlichen Finanzkraft der Kommunen eine solche Reform braucht - und wie sehr das Land dabei darauf achten muss, dass keine Abwehrzusammenschlüsse vor allem gegen größere Städte entstehen. So war die finanzstarke Gemeinde Amt Wachsenburg vor einigen Jahren fast schon ausdrücklich als Zusammenschluss von mehreren Gemeinden gegen das finanziell angeschlagene Arnstadt entstanden.

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