Berlin schließt Zusammenarbeit mit Assad aus
Grüne sehen Bundeswehreinsatz skeptisch / Paris: Assad muss für Kooperation Befehlsgewalt über Armee abgeben / LINKE lehnt Militäreinsatz gänzlich ab
Update 15.00 Uhr: Grüne sehen Syrien-Einsatz der Bundeswehr skeptisch
Die Grünen sehen den geplanten Einsatz der Bundeswehr im Bürgerkriegsland Syrien mit großer Skepsis, kündigten aber keine grundsätzliche Ablehnung an. Die Bundesvorsitzende Simone Peter sagte nach der Vorstandssitzung der Partei am Montag in Berlin, sie persönlich halte es nach den Erfahrungen beispielsweise in Afghanistan für »unverantwortbar«, mit deutschen Soldaten in einen weiteren Krieg einzusteigen. Für einen Bundeswehreinsatz ohne UN-Mandat und somit ohne völkerrechtliche Grundlage dürfe aus Sicht der Grünen kein Präzedenzfall geschaffen werden, sagte Peter.
Die Grünen-Chefin beklagte, einer der »größten und sicherlich auch gefährlichsten Missionen in der Geschichte der Bundeswehr« mangele es außerdem an einem klaren Einsatzziel. Die Bundesregierung schulde der Öffentlichkeit ebenso wie dem Bundestag noch Antworten auf zahlreiche Fragen, bevor einem solchen Einsatz zugestimmt werden könne, sagte Peter. Eine Entscheidung darüber brauche eine intensive öffentliche Debatte und dürfe nicht »im Schnellverfahren« noch vor Weihnachten durch das Parlament gebracht werden.
Update 14.40 Uhr: Bundeswehr-Einsatz gegen IS soll 134 Millionen Euro kosten
In einer Kabinettsvorlage zum geplanten Bundeswehreinsatz in Syrien werden die Kosten mit 134 Millionen Euro beziffert. Das berichtete »SPIEGEL ONLINE« am Montag. Demnach sollen bis zu 1200 Soldaten in den Einsatz geschickt werden. Die Mission erfolge »auf der Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung gemäß Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen«, zitiert der SPIEGEL aus dem Papier. Weiter sei darin vorgeschlagen, das Mandat bis zum 31. Dezember 2016 zu befristen. Offen bleibe in der Vorlage, ob und wie die Bundeswehr mit Russland kooperiere. Die Vorlage soll am Dienstag vom Kabinett beschlossen werden.
Update 14.00 Uhr: Linke Grüne starten Resolution gegen Bundeswehreinsatz
Linke Grüne erteilen dem geplanten Militäreinsatz in Syrien eine Absage. In einer Resolution unter dem Motto »Kein Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien!« verweisen sie auf den Beschluss der Bundesdeligiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Halle, in dem festgehalten wurde, dass nur eine politische diplomatische Lösung die Region auf Dauer befrieden könne. Zudem entbehrten die gegenwärtigen militärischen Pläne aufgrund des fehlenden UN-Mandats einer »tragfähigen rechtlichen Basis«.
Anstelle eines Bundeswehreinsatzes wird in der Resolution gefordert, weitere Schritte im Sicherheitsrat der UN zu besprechen, dem IS den Nährboden zu entziehen und ihn von Finanzströmen sowie Waffenlieferungen abzuschneiden. Außerdem sollen Waffenlieferungen an Saudi-Arabien oder an andere in den Konflikt involvierten Akteure gestoppt werden. Unterstützt wird die Reolution unter anderem von Robert Zion, Uli Cremer und Astrid Rothe-Beinlich.
Update 13.45 Uhr: Berlin schließt Zusammenarbeit mit syrischen Truppen unter Assad aus
Bei ihrem geplanten Anti-Terror-Einsatz in Syrien hat die Bundesregierung eine Kooperation mit Truppen unter dem Kommando des syrischen Machthabers Baschar al-Assad ausgeschlossen. »Jetzt wird es keine Zusammenarbeit mit Assad geben und auch keine Zusammenarbeit mit Truppen unter Assad«, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff, am Montag in Berlin. Das habe auch Ministerin Ursula von der Leyen klar gemacht.
Update 13.20 Uhr: Bischofskonferenz sieht Militäreinsatz gegen IS als legitim an
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hält den Einsatz militärischer Gewalt als letztes Mittel gegen die Terrormiliz »Islamischer Staat« für ethisch vertretbar. Wenn das »menschenverachtende Treiben« des IS in Syrien auf anderem Wege nicht zu stoppen sei, dürfe militärische Gewalt angewendet werden, sagte Erzbischof Ludwig Schick am Montag in Berlin. Die deutschen Bischöfe sind Schick zufolge massiv in Sorge um die Christen in Syrien. »Wie im Irak, so droht auch in Syrien der Krieg zum Auslöser für das Verschwinden des Christentums zu werden«, sagte der Erzbischof. Das Überleben des Christentums in Syrien werde in starkem Maße davon abhängen, ob es gelinge, eine politische und gesellschaftliche Befriedung des Landes zu erreichen.
Update 11.00 Uhr: Paris macht Rücktritt Assads zu Bedingung für Zusammenarbeit
Im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kann sich Frankreich erst nach einem Abgang von Syriens Machthaber Baschar al-Assad eine Zusammenarbeit mit syrischen Regierungstruppen vorstellen. Außenminister Laurent Fabius machte am Montag zur Bedingung, dass Assad die Befehlsgewalt über die Armee abgegeben haben müsse. »Unter Assad ist das nicht möglich«, sagte Fabius im Radiosender France Inter, »Es ist offensichtlich, dass die Armee unter Assads Herrschaft nicht an der Seite der gemäßigten Opposition eingreifen kann.«
Update 10.15 Uhr: Friedensratschlag ruft zu Aktionen gegen Bundeswehreinsatz in Syrien auf
Der Friedensratschlag hat zu Aktionen gegen einen Bundeswehreinsatz in Syrien aufgerufen. In einer Erklärung schreibt das friedenspolitische Bündnis: »Die Geschichte des ›War on Terror‹ lehrt uns, dass Krieg, wie er in Afghanistan, Pakistan, Irak, Somalia, Jemen und Syrien von der NATO und ihren Mitgliedstaaten geführt wurde und wird, nicht zum Niedergang des ‘Terrors’, sondern zu seiner extensiven Ausbreitung geführt hat«. Zudem liege kein UN-Mandat vor, die Berufung auf den »Bündnisfall« der EU reiche völkerrechtlich nicht aus.
Der Friedensratschlag fordert, den Warenaustausch mit dem IS zu unterbinden und deutsche Waffenlieferungen in die Region zu stoppen. Am 5. und 6. Dezember tagt der bundesweite Friedensratschlag an der Universität Kassel und will dort über weitere Schritte beraten.
Debatte über militärische Kooperation mit Assad entbrannt
Berlin. In der CDU gibt es unterschiedliche Meinungen über eine mögliche Kooperation mit der syrischen Regierung im Militäreinsatz gegen den sogenannten »Islamischen Staat« (Daesh). Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zeigte sich am Sonntagabend offen für eine Beteiligung syrischer Regierungstruppen. »Es wird keine Zukunft mit Assad geben, das ist klar«, sagte die CDU-Politikerin mit Blick auf Syriens Machthaber Baschar al-Assad am Sonntagabend in der ZDF-Sendung »Berlin direkt«. »Aber es gibt Teile der Truppen in Syrien, die man sehr wohl - wie in dem Beispiel Irak, wo ja erfolgreich die Ausbildung der lokalen Truppen stattgefunden hat - hier auch nehmen kann.«
Von der Leyen betonte, man wolle eine Übergangsphase weg von Assad, die Staatlichkeit in Syrien aber erhalten. »Deshalb ist es richtig, über die syrischen Truppen zu sprechen, wenn klar ist, wenn diese Übergangsphase in Kürze begonnen hat, was mit Assad geschieht. Dann muss das neu bewertet werden.«
Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, widersprach dieser Einschätzung. Im Interview mit dem Deutschlandfunk sagte er am Montag, eine Kooperation mit Assad würde dem Bundeswehreinsatz die Legitimität nehmen und die Region nicht befrieden. Die syrische Regierung sei verantwortlich für den Tod hundertausender Menschen. Für den möglichen Einsatz von Bodentruppen gegen den IS will Röttgen eher sunnitische Kräfte aus der Region einbeziehen, wie die Golfstaaten oder die Türkei. Dabei sei die Zusammenarbeit mit Russland von großer Wichtigkeit.
Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sagte dagegen dem »Handelsblatt« (Montag): »Die einzig infrage kommenden Bodentruppen sind Assads Regierungstruppen.« Deshalb müsse man »bis auf Weiteres die Kröte Assad schlucken«.
Die Linke ist generell gegen den Einsatz in Syrien. »Bomben schwächen islamistische Terrororganisationen wie den IS nicht, sondern stärken sie«, sagte Fraktionschefin Sahra Wagenknecht der »Passauer Neuen Presse« (Montag).
Ablehnung gegen eine mögliche Kooperation mit syrischen Regierungstruppen kam auch von den Grünen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der Zeitung: »Ich kann mir keine Zustimmung zu einem Militäreinsatz vorstellen, der bedeutet, dass wir Seite an Seite mit Assad kämpfen.«
Ein klares »Nein« zum Syrien-Einsatz der Bundeswehr kam vom grünen Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele. »Ich werde diesem Kriegseinsatz nicht zustimmen, weil er brandgefährlich und falsch ist«, sagte er der »Mitteldeutschen Zeitung« (Online-Ausgabe). »Ich habe das schon einmal erlebt, vor fast 14 Jahren. Auch der damalige Afghanistan-Einsatz wurde damit begründet, dass wir uneingeschränkte Solidarität mit den USA üben müssen. Das allein reicht als Kriegsgrund nicht aus.«
Die Diskussion um eine Zusammenarbeit mit Assad brachte Frankreichs Außenminister Fabius vergangene Woche ins Spiel. Aus Solidarität mit Frankreich nach den Pariser Anschlägen will Deutschland mit »Tornado«-Aufklärungsflugzeugen und einem Kriegsschiff in den Anti-IS-Kampf eingreifen. Mit deutlich mehr als 1000 Soldaten könnte es der größte aktuelle Auslandseinsatz der Bundeswehr werden. Die Grundsatzentscheidung für die Militäroperation fiel am Donnerstag. Am Dienstag will das Kabinett entscheiden, und auch die Beratungen im Bundestag sollen nicht lange dauern.
Der IS hat seit Ausrufung seines »Kalifats« vor eineinhalb Jahren in Syrien laut Aktivisten rund 3600 Menschen wegen Regelverstößen mit dem Tode bestraft. Bis zum Sonntag zählte die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte allein in vier Wochen mindestens 53 Exekutionen - unter den Opfern seien 35 Zivilisten. In der strategisch wichtigen nordirakischen Region Sindschar, aus der die Dschihadisten Mitte November von kurdischen Peschmerga-Soldaten vertrieben wurden, wurden am Wochenende erneut Massengräber entdeckt. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.