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Die Brücke in Kroatien bröckelt

Anhaltende Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung nach den Parlamentswahlen / Wahlbündnis »Most« der Reformer unter Druck

  • Thomas Roser, Belgrad
  • Lesedauer: 2 Min.
Auch drei Wochen nach Kroatiens Parlamentswahlen ist der Kurs des EU-Neulings noch ungewiss. Zwischen Rechts und Links zeigt die Protestpartei »Most« (Brücke) erste Auflösungserscheinungen.

Eine »Totalblockade« von Zagreb vermeldeten Kroatiens Medien vor Tagen aufgeregt. Doch weniger wegen der Visite von US-Vizepräsident Joe Biden als wegen der unschlüssigen Königsmacher treten die Bemühungen für eine Regierungsbildung im Adria-Staat auf der Stelle. Selbst Neuwahlen werden in Kroatien nicht mehr ausgeschlossen.

Beide Großparteien, die sozialdemokratische SDP des Noch-Premiers Zoran Milanovic und die konservative HDZ von Oppositionschef Tomislav Karamarko, hatten bei der Wahl eine Parlamentsmehrheit klar verfehlt. Als eigentlicher Sieger ging aus ihr der wirtschaftsliberal orientierte Parteineuling »Most« hervor. Spekulationen, dass die Großparteien durch Abwerbung von Abgeordneten das eher lose Wahlbündnis zerschlagen könnten, wies der führende Most-Politiker Drago Prgomet in der Wahlnacht noch weit von sich: Die »Brücke« sei eine »heterogene Partei« der Reformer, so seine Botschaft.

Doch wenige Tage später war Prgomet von seinen Mitstreitern bereits aus der Partei ausgeschlossen: Angebliche Geheimverhandlungen mit SDP-Chef Milanovic waren dem langjährigen HDZ-Mitglied zum Verhängnis geworden. Zu seiner neuen HRID-Fraktion haben sich mittlerweile noch zwei weitere Parteigänger von Most gesellt. Die »Brücke« beginnt zu bröckeln. Schon vor der konstituierenden Sitzung des Parlaments Anfang Dezember reduzierte sich die Zahl der Most-Abgeordneten von ursprünglich 19 auf maximal 15 bis 16.

Nicht nur die Selbstzerfleischung des Parteineulings, sondern auch dessen Lavieren im noch nicht einmal richtig begonnenen Koalitionspoker beginnt selbst dessen Wähler zu nerven. Vor den Wahlen hatte Most jede Koalition mit einer der beiden Volksparteien ausgeschlossen. Nach dem Urnengang schlug die Partei eine große Koalition der nationalen Einheit unter Einschluss beider Volksparteien vor. Die Erzfeinde winkten dankend ab: Für eine große Koalition wären die Stimmen und Dienste der Parlamentsneulinge ohnehin nicht von Nöten.

In endlosen Sondierungsgesprächen lotet seitdem Most-Chef Bozo Petrov die Bereitschaft der Großparteien für Reformen aus, darunter Einschnitte in den Verwaltungsapparat. Sehr überzeugend wirkt seine Verhandlungsführung ohne jegliche Festlegung nicht. »Warum sind sie in den politischen Kampf gezogen, wenn sie nicht den Mut haben, eine Entscheidung zu treffen?«, fragt bissig der ausgeschlossene Prgomet.

Die konservative Ausrichtung vieler Most-Politiker spricht für ein Bündnis mit der HDZ. Doch einige haben sich mit HDZ-Chef Karamarko überworfen oder lehnen eine Regierung mit der auf strammen Rechtskurs gebrachten HDZ resolut ab.

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