Indien will die Solarrevolution
Energie aus Sonnenkraft soll die Armut in Entwicklungsländern bekämpfen
Indiens Premierminister Narendra Modi will zusammen mit zahlreichen afrikanischen und europäischen Ländern die Energiearmut der Welt mit billigen Solarmodulen bekämpfen. »Wir sind schon mittendrin in der Solarrevolution«, sagte Modi am Dienstag auf der UN-Klimakonferenz COP 21 in Le Bourget, einem Vorort von Paris.
Mit der Solar-Allianz wollen 120 Länder zusammen mit Wissenschaftlern und Unternehmen die Solartechnologie weiterentwickeln und vor allem ärmeren Ländern zugänglich machen. »Das ist ein großer Hoffnungsschimmer für die vielen Haushalte, in denen es vor und nach Sonnenaufgang immer noch dunkel ist«, warb Modi für die klimafreundliche Allianz. Insgesamt 30 Millionen US-Dollar will der indische Staat selbst für die Solar-Allianz ausgeben. Andere Länder sollen etwa 400 Millionen Dollar beitragen und zwar durch Mitgliederbeiträge der neuen Allianz. Bis zum Jahr 2030 sollen insgesamt eine Milliarde Dollar bereitgestellt werden.
Vor allem Länder aus Afrika beteiligen sich an der Initiative. Deren Staatschefs begrüßten die indische Initiative bei der Eröffnungszeremonie in Paris, darunter Togo, Uganda und die Elfenbeinküste. In vielen afrikanischen Ländern haben mehr als die Hälfte der Einwohner keinen Zugang zu Strom. Mit günstigen Solarmodulen könnte vor allem die Landbevölkerung dezentral mit Strom versorgt werden.
In Indien selbst lebt noch jeder fünfte Einwohner komplett ohne Stromanschluss - und das, obwohl sich laut der Internationalen Energieagentur (IEA) der Energieverbrauch des Landes seit dem Jahr 2000 verdoppelt hat. Das mit derzeit rund 1,3 Milliarden Einwohnern nach China bevölkerungsreichste Land der Welt hat angekündigt, seine Produktion an Solarenergie von derzeit 4000 Megawatt auf 100 000 Megawatt im Jahr 2022 zu erhöhen.
Frankreich will die Allianz unterstützen. »Es gibt Länder, die ihren Reichtum mit Kohle und Öl aufgebaut haben - doch das ist heute vorbei«, erklärte der französische Präsident François Hollande bei der Vorstellung der Solar-Allianz. »Wir sind die Avantgarde, die zeigen wird, dass es anders geht und die ganze Welt von den erneuerbaren Energien profitieren wird«, so Hollande weiter.
Indien spielt in den Pariser Klimaverhandlungen eine ambivalente Rolle: Einerseits stilisiert sich das Land zum Vorkämpfer für erneuerbare Energien, andererseits ist die indische Regierung nicht gerade ein Teamplayer: Premier Modi machte schon im Vorfeld der Klimakonferenz klar, dass er sich nicht gern in seine nationale Politik hineinreden lasse. So hat sich das Land zusammen mit dem ebenfalls als Bremser bekannten Erdölproduzenten Saudi-Arabien gegen eine regelmäßige Überprüfung der Klimaziele ausgesprochen. Für die deutsche Regierung ist das jedoch eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Abkommen.
Auch die selbst gesteckten Klimaziele sind im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum eher bescheiden: Das Land will bis zu 35 Prozent seiner Treibhausgase bis 2030 im Verhältnis zu seinem Bruttosozialprodukt einsparen - Referenzjahr ist 2005. Doch auch wenn Indien wie angekündigt massiv auf Ökoenergien setzen will und einen Teil seines Waldes wieder aufforstet, ist es wahrscheinlich, dass die Treibhausgas-Emissionen in absoluten Zahlen sogar noch steigen. Denn neben der Solarrevolution betreibt das Land derzeit rund 200 Kohlekraftwerke, weitere 400 sind in Planung.
»Wir brauchen neue Energie, damit unsere Bevölkerung nicht länger im Dunkeln sitzt«, verteidigen sogar Umweltschützer wie Srinivas Krishnaswamy von der grünen Vasudha-Stiftung die Politik ihrer Regierung. »Bis die erneuerbaren Energien wirklich für eine hundertprozentige Versorgung taugen, müssen wir weiter auf andere heimische Energieformen setzen.«
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