Zukunft ohne Traumziel
Der DOSB will sich nun erst mal selbst reformieren, statt sich um Olympia zu bewerben
Eins ist sicher. Bei der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in einem noblen Flughafenhotel außerhalb Hannovers wird an diesem Wochenende mehr geredet als geklatscht. Eigentlich hätte es andersherum sein sollen, doch das abgelehnte Olympiareferendum in Hamburg hat die Pläne über den Haufen geworfen. Jetzt müssen neue her.
Schon die Präsidiumssitzung am Donnerstagabend hatte eine halbe Stunde länger gedauert als geplant. Statt Schulterklopfen gab es eine Aussprache über das Scheitern der Bewerbung um die Sommerspiele 2024 und über das: Wie geht’s jetzt weiter? »Diese Situation haben wir alle vor einer Woche so nicht erwartet. Einen Plan B gab es nicht«, beschrieb DOSB-Präsident Alfons Hörmann die Ausgangsstellung.
Dem 55-Jährigen war die Enttäuschung auch fünf Tage nach dem Referendum noch anzusehen. Zusammengesackt saß er in seinem Stuhl, als er Reportern seine Gedanken mitteilte, sein Blick dabei starr ins Nichts gerichtet, seine Stimme monoton. Intensiv habe man sich über das Ergebnis unterhalten. Es gebe verschiedene Meinungen darüber, woran es gelegen hat. Wirklich wichtig ist das aber sowieso nicht mehr.
In Kürze feiert der DOSB seinen zehnten Geburtstag. Dreimal ging er in der ersten Dekade seines Bestehens erfolglos eine Olympiabewerbung an. In der zweiten wird wohl keine dazukommen. Auch wenn ihn die Niederlage noch beschäftigte, will Hörmann nun eben andere Dinge anpacken: »Jetzt müssen wir den DOSB für die Zukunft aufstellen.« Eine Zukunft ohne sein Traumziel Olympische Spiele im eigenen Land. Strukturen und Prozesse stünden nun im Fokus und die Fragen: »Machen wir die richtigen Dinge? Und machen wir die Dinge richtig?«
Da dies alles noch unausgereift ist, dient die Mitgliederversammlung erst einmal dazu, Vergangenes aufzuarbeiten. Er sei für Kritik offen, sagte Hörmann, dafür hätte man jetzt auch mehr Zeit. Die Präsentation des Hamburger Konzepts und des neuen Logos an diesem Samstag falle ja aus.
Die Bewertung seiner Arbeit stünde den Mitgliedern zu, die ihn gewählt hatten, sagt Hörmann vor dem »Tag der Wahrheit«. Wenn sie die Gefolgschaft verwehren, hinge er nicht am Präsidentenamt, sollte das heißen. Dass dies am Samstag tatsächlich passiert, ist aber unwahrscheinlich. Die Spitzenverbände wollen sogar per Resolution den Schulterschluss mit der DOSB-Führung demonstrieren. »Wir wollen ein Signal geben, dass wir mit gleichem Elan weitermachen«, sagte deren Sprecher Siegfried Kaidel. Auch Leichtathletikpräsident Clemens Prokop erwartet »ein Jetzt-erst-recht auf allen Ebenen«. Dynamik und Optimismus seien nun gefordert, keine Personaldebatte.
So will die DOSB-Spitze nun die Leistungssportreform vorantreiben. Seit etwa neun Monaten analysiert sie mit dem Bundesinnenministerium schon, an welchen Stellen die Effizienz gesteigert werden kann. Noch einmal so lange wird es wohl dauern, bis die Konzepte stehen. Danach sollen Olympiastützpunkte, Spitzenverbände, Wissenschaftsinstitute und DOSB besser miteinander arbeiten.
Wahrscheinlich werden sie alle nach dem Aus für die Heimspiele aber mit weniger Geld auskommen müssen, auch wenn das DOSB-Vorstandsvorsitzender Michael Vesper anders sieht. »In den Diskussionen geht es noch gar nicht ums Geld. Erst muss über die Strukturen gesprochen werden.« Hörmann scheint da realistischer: »Das Leben wird auch für den deutschen Sport weitergehen. Nur fehlt ihm jetzt leider der Rückenwind.« Eine Antwort über die zukünftige Förderung könnte Bundesinnenminister Thomas de Maizière in seiner Rede in Hannover geben.
Die Zusammenarbeit mit der Politik war jedoch nie das Problem des DOSB, sondern die Akzeptanz bei den Bürgern, wie die Referenden in München und Hamburg zeigten. »Dabei macht der Sport so viel für diese Gesellschaft. Er fördert die Gesundheit, das Erlernen von Fairness bei Kindern und die Integration von Flüchtlingen«, sagte Vesper. »Wir müssen das stärker in den Fokus stellen.«
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