Berlin wie es spielt und lacht
Hertha BSC überrascht mit gutem Fußball und positiven wirtschaftlichen Zahlen
Verdammt lang ist es her, dass sich die Fußballer von Hertha BSC und Bayer Leverkusen auf Augenhöhe begegnet sind. Die letzten vier Vergleiche haben die Berliner verloren, auf einen Sieg warten sie schon seit sieben Jahren. Während die Werkself meist international spielte, verschwanden die Hauptstädter 2010 und 2012 in der Zweitklassigkeit. Vor sechseinhalb Jahren stand Hertha BSC das letzte Mal vor den Leverkusenern in der Abschlusstabelle der 1. Bundesliga, zum Ende der vergangenen Saison trennten beide Klubs 26 Punkte. Bayer qualifizierte sich als Vierter mal wieder für die Champions League, Hertha BSC entging nur dank des besseren Torverhältnisses der Abstiegsrelegation.
Am 15. Spieltag dieser Saison steht diese Partie plötzlich unter ganz anderen Vorzeichen: Hertha BSC empfängt am Sonnabend als Fünfter die einen Rang dahinter platzierten Gäste vom Rhein im Berliner Olympiastadion. »Je länger so eine Serie anhält, umso größer ist die Lust, sie zu beenden«, sprach Michael Preetz selbstbewusst von einem möglichen Sieg der Berliner.
Der Manager von Hertha BSC ist so entspannt wie lange nicht mehr. Die bislang sieben Siege geben dem 48-Jährigen wieder etwas von der Gelassenheit zurück, die er im ständigen Kampf um den Klassenerhalt, bei Abstiegen und Trainerwechseln verloren hatte. Sogar sein Lachen hat er wiedergefunden. »Hertha BSC und Pal Dardai - das passt einfach zusammen.« Großen Beifall bekam Michael Preetz für diese Worte auf der Mitgliederversammlung des Vereins am vergangenen Montag.
Tatsächlich: Selten passte der so oft beschriebene Glücksgriff besser. In seinen Adern fließe blau-weißes Blut, sagt Dardai über sich. Der Ungar ist mit 286 Bundesligapartien Herthas Rekordspieler. Als die Berliner Anfang Februar auf einem Abstiegsplatz standen und Trainer Jos Luhukay entlassen wurde, war er die richtige Wahl. Ein geradliniger Typ mit einer klaren Ansprache, ein unermüdlicher Kämpfer wie einst im Mittelfeldspiel. Der Klassenerhalt gelang.
Wiederum die richtige Wahl trafen die Verantwortlichen Ende Mai, als sie Dardai auch für die folgende Saison zum Cheftrainer machten. Nach einer erneut harten Saison holten sie damit die Fans auf ihre Seite - in der Kurve ist der Ungar ein Idol. Die Zweifel an seiner Befähigung, eine Mannschaft auch langfristig führen und weiterentwickeln zu können, hat er längst widerlegt. Dardai verlangt von seinen Spielern viel, aber nichts, was sie nicht leisten könnten. Disziplin, Kampf und Leidenschaft - wer das nicht bringt, hat bei ihm keine Chance. Manchmal fehlen seiner Mannschaft in einem Spiel die Ideen oder der Gegner ist einfach zu stark. Überfordert oder konfus aber erlebt man Hertha BSC auf dem Platz nicht. Weil Dardai keine taktischen Vorgaben macht, denen seine Spieler nicht gewachsen wären. Seine Mannschaft spielt einfachen, aber guten und erfolgreichen Fußball.
»Im Moment passen wir den Wert der Punktprämien an«, verriet am vergangenen Montag Ingo Schiller - und lachte. Auch Herthas Geschäftsführer Finanzen freut die sportliche Entwicklung. Die Mehrausgaben nimmt er gern in Kauf, denn Einnahmen werden umso größer sein. Vor allem beim Fernsehgeld. Als Fünfzehnter der vergangenen Saison bekamen die Berliner knapp 27 Millionen Euro. Der Tabellenfünfte, Herthas aktuelle Platzierung, erhielt 43 Millionen.
Schiller verfolgt natürlich dasselbe Ziel wie der Verein: »Hertha BSC in der Bundesliga etablieren«. Seine Arbeit trägt wesentlich dazu bei. 2012 hatte der Klub noch Schulden in Höhe von 42 Millionen Euro, jetzt sind es knapp 16 Millionen. Als entscheidenden Wendepunkt sieht Schiller den Einstieg des Investors KKR Anfang 2014. Für rund 61 Millionen Euro erwarb er einen Anteil von 9,7 Prozent an der Hertha BSC GmbH und Co. KGaA. »Wirtschaftliche Beinfreiheit«, sagte Schiller damals, verschaffe dieser Deal dem Klub. Jetzt freut er sich, dass sich dadurch die sportlichen Möglichkeiten des Klubs ganz entscheidend verbessert hätten.
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