Brain-Drain aus Griechenland
Deutschland beutet griechische Arbeitsmigranten aus
Dafür, dass es sich um eine Veranstaltung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung handelte, auf der insbesonders ehemalige und aktuelle SPD-Politiker debattierten, fiel die Kritik der deutschen Regierungspolitik recht harsch aus: Deutschland müsse die Austeritätspolitik »endlich beenden«, sonst gehe in Europa eine ganze Generation junger Menschen vor die Hunde, wetterte etwa Sigrid Skarpelis-Sperk, bis vor wenigen Jahren eine der führenden Wirtschaftspolitiker der SPD. DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach kritisierte die Zerstörung sozialer Infrastruktur und forderte einen wachstumsfördernden Marshall-Plan für Europa. Und selbst Thorben Albrecht, Staatssekretär unter Andrea Nahles im Arbeits- und Sozialministerium, räumte ein, dass wir »neue Modelle« bräuchten, um der Ungleichheit entgegenzuwirken. Fast hätten es die 80 Zuhörer verdrängen können: Die SPD hat Grundlagen für all das geschaffen - unter Angela Merkels Vizekanzlern Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier, vor allem unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder.
Getroffen hatte man sich am Freitag in Düsseldorf aber, um über die neue Arbeitsmigration aus Griechenland zu debattieren. Hellas sei von der Troika eine Politik oktroyiert worden, die zu einem tiefen sozialen und ökonomischen Einbruch geführt und die extreme Rechte gestärkt habe, referierte Skarpelis-Sperk. Nun finde ein »Brain-Drain« statt - eine Emigrationswelle einer »hervorragend ausgebildeten Generation«. Allein zwischen 2010 und 2012 seien 410 000 Griechinnen und Griechen ausgewandert, die meisten nach Deutschland und England, darunter allein 6000 Ärzte. In Statistiken tauchen sie kaum auf. All das, so Skarpelis-Sperk, sei »ein herber Verlust« für Griechenland. In Deutschland träfen diese Menschen auf einen Arbeitsmarkt, auf dem sich unsichere, prekäre Jobs in den letzten Jahrzehnten massiv vermehrt haben.
Längst stehen griechische Migranten in der Hackordnung der Niedriglöhner ganz unten, zusammen mit den Osteuropäern. Viele sind zunächst obdachlos oder müssen in menschenunwürdigen Unterkünften dahinvegetieren, nicht selten werden sie noch um ihren kargen Lohn geprellt. Oft überleben diese Migranten mit einem Mix aus Schwarzarbeit und Hartz IV.
Neben den »üblichen Verdächtigen« wie Fleischindustrie, Bau und Putzunternehmen verdienen auch klassische Industriebranchen wie Automobilzulieferer sowie ein Teil der griechischen Gastronomen an den Krisenzuwanderern. Das Beratungsangebot für diese neuen Arbeitsmigranten ist schlecht. Sie kennen ihre Rechte kaum oder trauen sich nicht, sie durchzusetzen. Denn ein hundsmiserabler Job in Deutschland ist immer noch besser als völlige Mittellosigkeit in Griechenland. So ziemlich die einzige Ausnahme von der Regel: Griechische Ärztinnen und Ärzte in deutschen Krankenhäusern.
Der DGB hat derweil eine griechische Version seiner Broschüre »Faire Mobilität: Wissen ist Schutz« aufgelegt und will sein Angebot ausweiten.
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