Alles machen - straffrei!

Stephan Fischer zur »Werbung« des Bundesverfassungsschutzpräsidenten für seine Behörde

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Bundesverfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen wirbt in einem Interview für seine Behörde - mit einem merkwürdigen, aber gar nicht so überraschenden Argument. Denn was macht den Job denn am Ende aus?

Fast jeden Tag brennen in Deutschland Häuser, in denen geflüchtete Menschen untergebracht sind oder untergebracht werden sollen. Es grenzt an ein Wunder, dass dabei 2015 noch niemand zu Tode gekommen ist. Die Aufklärungsquote dieser Taten ist mit gering noch äußerst wohlwollend umschrieben. Auch angesichts dieses Versagens von staatlichen Behörden wie Polizei oder Verfassungsschutzämtern erstaunt es nicht, dass rechte Täter immer brutaler und schrankenloser agieren – zu befürchten haben sie Konsequenzen offenbar gar nicht und wenn überhaupt, nur sehr spät.

Aber wenn das Problem nicht als das erkannt wird, was es ist – man kann es auch Rechtsterrorismus nennen – liegt der Fokus der Behörden woanders. So gab der Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen, dem aufgrund seiner Position die Richtlinienkompetenz in seinem Haus unterstellt werden kann, dem MDR ein erstaunliches Interview. Es ging dabei um Terrorgefahr – von mutmaßlichen Islamisten in Deutschland. Nun ist das Thema angesichts der Anschläge von Paris Mitte November nicht aus der Luft gegriffen, das viel drängendere Problem tangiert es aber nicht. So weit, so traurigerweise erwartbar.

Wirklich erstaunlich macht das Interview jener Ausschnitt, den die Kollegen des MDR noch einmal extra ins Internet stellten: »Eigentlich hatten wir mit Verfassungsschutzpräsident Maaßen über die Gefährdungslage durch islamistischen Terror in Deutschland gesprochen. Nebenbei pries er aber noch seine Behörde als Arbeitgeber an. « Etwas süffisant beschreiben die MDR-Kollegen so, was dort zu hören ist. Maaßen im Wortlaut: »Wir sind ein attraktiver Arbeitgeber und ich kann sagen, in manchen Bereichen unseres Hause kann man all das machen, was man schon immer machen wollte, aber man ist straflos. Zum Beispiel Telekommunikationsüberwachung.«

Eine interessante Form, um die Stellenbeschreibung für Bewerber attraktiv zu machen: Kein Idealismus ist gefragt, nicht einmal auf die sichere Bezahlung oder die Arbeitsplatzsicherheit wird hingewiesen – nein, hier darfst Du alles machen, was Du willst, und zwar straffrei! Also Dinge, die normalerweise zurecht strafbewehrt sind. Was für Charaktertypen jene Stellenbeschreibung anziehen soll, sei einmal dahingestellt – es wären wohl ähnliche, die von einer Kampagne der Polizei unter dem Motto »Bei uns darfst Du Leute mit Kampfstoffen angreifen, die sogar im Krieg verboten sind – und bekommst für Deinen Pfefferspray-Einsatz auch noch Geld!« angesprochen würden.

Falls Maaßen wirklich in dieser Form um Mitarbeiter werben wollte, dürfte ihm dies allerdings misslingen: Zum einen hat er damit nicht wirklich eine neue Qualität der Verfassungsschutzarbeit beworben – Mitarbeiter in den VS-Ämtern »dürfen« auch heute schon Dinge, bei denen Verfechtern des Rechtsstaats nichts mehr zu einfällt. Inklusive in den »richtigen« Momenten weder hören noch sehen und dann an Ermordeten vorbei aus Internetcafés verschwinden. Und die, die manche VS-Ämter vielleicht gern als V-Männer oder V-Frauen in der rechten Szene hätten – die dürfen momentan auch so ziemlich alles ungestraft, wozu da noch für den Verfassungsschutz arbeiten?

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