Selbst Schwärzen will gelernt sein

Die AfD in Thüringen bekommt ihren Praktikanten auch mit Tricks nicht in einen Ausschuss

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.
Aus drei Ausschüssen ist der umstrittene AfD-Praktikant Torben Braga im Thüringer Landtag schon geflogen. Auch ein Kniff der AfD, der dem jüngsten dieser Vorfälle vorbeugen sollte, half nichts.

Erst aus dem Innenausschuss, dann aus dem Bildungsausschuss und nun auch aus dem Wirtschaftsausschuss: Torben Braga ist in den vergangenen Wochen aus mehreren Ausschüssen des Thüringer Landtages geflogen. Die jeweiligen Vertreter der rot-rot-grünen Regierungsfraktionen wollten das so. Ihren Willen setzten sie mit Hilfe der Mehrheit durch, die sie in den Ausschüssen haben. Für Braga selbst dürften die Vorfälle inzwischen auch persönlich unangenehm sein. Für die Alternative für Deutschland als Fraktion entwickeln sie sich zunehmend zur Lachnummer.

Letzteres umso mehr, weil die Fraktion sogar mit einem Kniff erfolglos versuchte, einen erneuten Rauswurf des Mannes zu verhindern, der gerade Sprecher der Deutschen Burschenschaft ist; jenes Dachverbands von Burschenschafter, der seit Jahren in der Kritik steht, weil er nicht entschieden genug gegen rechtes Gedankengut in seinen Reihen vorgehen soll.

Der Kniff: Braga war aus dem Innen- und aus dem Bildungsausschuss geflogen, weil Rot-Rot-Grün sich auf das Argument zurückgezogen hatte, Praktikanten dürften nur dann an Ausschusssitzungen teilnehmen, wenn die Mehrheit der Fraktionen nichts dagegen hat.

Also - so wird es auf den Fluren des Parlaments erzählt und auch vom AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke am Freitag im Kern bestätigt - gab die AfD Braga einen Mitarbeiter- statt eines Praktikantenvertrages. Und zwar bevor Braga versuchte, an einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses am Donnerstag teilzunehmen. Anders als bei Praktikanten haben die anderen Fraktionen nämlich eigentlich kein Mitspracherecht dazu, wen eine Fraktion mit in einen Ausschuss bringt. Auf diesem Arbeitsvertrag, heißt es aus Parlamentskreisen, habe die AfD unter anderem das Feld geschwärzt, in dem steht, in welche Gehaltsklasse sie Braga einstufte.

Aus Sicht der AfD allerdings dumm gelaufen: Offenbar war die Schwärzung so wenig schwarz, dass die Mitarbeiter der Landtagsverwaltung erkennen konnten, dass die AfD Braga in die Entgeltgruppe E1 gesteckt hatte; die niedrigste Gruppe überhaupt, in die im öffentlichen Dienst nur Un- und Angelernte eingestuft werden und die in der Praxis des öffentlichen Dienstes keine Rolle mehr spielt. Selbst öffentlich Beschäftigte, die einfachste Tätigkeiten ausführen, werden in der Regel in die E5 gesteckt.

Das zentrale Ergebnis einer Diskussion, die nach Angaben von Teilnehmern der Sitzung des Wirtschaftsausschusses dann dort unter Verweis auf den Vertrag geführt wurde und wegen dem Höcke sich »entsetzt« zeigt und mit rechtlichen Schritten droht: Braga, so entschied letztlich die rot-rot-grüne Ausschussmehrheit, sei ausweislich seiner E1 nicht qualifiziert genug, um an der Sitzung des Ausschusses teilzunehmen. Alle anderen Mitarbeiter im Ausschuss seien doch viel höher eingruppiert und damit wohl viel qualifizierter.

Und wieder musste er gehen.

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