Kaltland: Rechte Straftaten steigen rasant

Bis Mitte November über 1.600 Delikte im Zusammenhang mit der »Unterbringung von Asylbewerbern« offiziell registriert / 2015 schon über 3.600 zumeist rassistische Straftaten insgesamt / Grüne: »neue tragische Dimension«

  • Lesedauer: 3 Min.

Update 7.05 Uhr: Braunschweiger bedroht Geflüchtete
In Braunschweig hat nach Angaben der Polizei bereits am Sonntagabend ein 27-Jähriger zwei Asylsuchende mit einer Schreckschusswaffe bedroht und dabei in die Luft geschossen. Die Attacke ereignete sich in der Nähe einer Erstaufnahmeeinrichtung. Der Angreifer wurde gestellt, die Polizei fand eine Schreckschusspistole, einen Schlagstock und drei sogenannte Polenböller bei dem Mann. »Der polizeilich bislang unbekannte Beschuldigte gab an, mit der allgemeinen Flüchtlingssituation unzufrieden zu sein«, meldete die Polizei.

Kaltland: Rechte Straftaten steigen rasant

Berlin. Die Zahl der rechten Straftaten gegen Asylsuchende, Flüchtlingsunterkünfte und Helfer der Schutzsuchenden hat sich in diesem Jahr dramatisch erhöht. Bis Mitte November wurden 1.610 »überwiegend rechtsmotivierte Delikte gezählt«, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, die im Zusammenhang mit der »Unterbringung von Asylbewerbern« stehen. Entsprechende Zahlen teilte die Bundesregierung auf Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag mit. 2014 wurden noch 895 Delikte dieser Art gezählt.

Es handelt sich dabei um alle politisch motivierten Straftaten rund um die Flüchtlingsunterbringung - also auch Hetze im Netz, Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen bei Demonstrationen oder anderen Aktionen außerhalb von Asylunterkünften. Die Aggressionen müssen sich dabei nicht unbedingt gegen Asylbewerber selbst richten. Auch Attacken auf Politiker oder andere Menschen, die sich für eine Flüchtlingsunterkunft engagieren, können darunter fallen.

Noch weiter gefasst ist die übergeordnete Kategorie »Ausländer-/Asylthematik«. Hier erfasst die Polizei alle Straftaten, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte oder anderem Fremdenhass stehen. Im laufenden Jahr bis Mitte November wurden hier 3.625 - ebenfalls zum Großteil rechtsmotivierte - Delikte erfasst. Das waren etwa doppelt so viel wie im vergangenen Jahr.

In der öffentlichen Debatte spielte zuletzt lediglich die Zahl der Angriffe auf Asylunterkünfte eine Rolle. Bis zum 7. Dezember verzeichneten die Ermittler hier 817 Fälle - und damit etwa vier Mal so viel wie 2014. Bei diesen Übergriffen handelt es sich überwiegend um Schmierereien, Sachbeschädigungen oder Propagandadelikte, aber auch um eine wachsende Zahl an Brandstiftungen und Körperverletzungen.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter beklagte, die Zahlen zu Attacken gegen Unterkünfte gäben »nicht im Ansatz das wirkliche Ausmaß an Übergriffen« wieder. »Die neusten Zahlen zeigen eine besorgniserregende Entwicklung auf«, sagte er mit Blick auf die anderen Zahlen aus der Polizeistatistik. »Rechte Gewalt hat in Deutschland eine neue tragische Dimension erreicht.«

Wie die Übergriffe gegen Asylunterkünfte sind auch die Fallzahlen in den anderen Bereichen rasant gestiegen: 2012 zählte die Polizei noch 62 Delikte rund um die »Unterbringung von Asylbewerbern«, 2013 waren es dann 399 und 2014 bereits 895. Unter dem Oberbegriff »Ausländer-/Asylthematik« verzeichneten die Behörden 2012 lediglich 188 Fälle, 2013 dann bereits 1.049 und ein Jahr später 1.789 Fälle. Hinzu kommt der große Sprung im laufenden Jahr. »In den vergangenen Jahren war jeweils auch viele linksmotivierter Taten darunter, im laufenden Jahr aber vor allem rechtsmotivierte«, schreibt die dpa.

Die Grünen beklagen, die Polizeistatistiken seien unübersichtlich und unschlüssig. Die Behörden hatten erst Anfang 2014 begonnen, Übergriffe gegen Asylunterkünfte gesondert zu erfassen. Die Bundesregierung möchte nun - möglichst ab 1. Januar 2016 - weitere Bereiche extra herausgreifen: nämlich Übergriffe gegen Asylbewerber, politisch motivierte Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und Übergriffe gegen Hilfsorganisationen und freiwillige Helfer, die sich für Flüchtlinge engagieren. Das kündigte das Bundesinnenministerium in der Antwort auf die Kleine Anfrage an. Agenturen/nd

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