Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) untersucht zur Zeit Vorwürfe, Israel habe im Krieg gegen Libanon uranhaltige Waffen eingesetzt. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) fordern von der israelischen Regierung umgehende Aufklärung.
Wenn die belgische Koalition »Stop Uranium Weapons!« an diesem Freitag ihren alljährlichen Aktionstag zum Verbot so genannter Uranwaffen organisiert, will sie einen höchst aktuellen Fall aufgreifen: Die britische Tageszeitung »Independent« hat berichtet, dass angereichertes Uran in Erdproben von Bombenkratern israelischer Präzisionsgeschosse in Khiam und At-Tiri gefunden wurde. 20 Wissenschaftler untersuchen nun im Auftrag der UNO die Proben aus Südlibanon. Der UNEP-Leiter für den Nahen Osten, Butros al-Harb, konnte den Einsatz entsprechender Munition noch nicht bestätigen, endgültige Ergebnisse sollen im Dezember vorliegen. Doch sprächen nach Meinung von Experten starke Indizien für die Vorwürfe. Das Harwell-Labor in Oxfordshire, das ebenfalls einbezogen wurde, hat die Existenz von Uran-Isotopen in den Proben bestätigt. Die gesundheitlichen Gefahren für die Zivilbevölkerung auf Grund der freigesetzten Uranoxidpartikel seien erheblich.
Israel hat die Vorwürfe unterdessen zurückgewiesen. Man setze keine Waffen ein, die nach internationalem Recht nicht benutzt werden dürfen, so ein Sprecher des Verteidigungsministeriums - allerdings sind Uran-Waffen und -Munition trotz der Bemühungen zahlreicher Nichtregierungsorganisationen völkerrechtlich noch nicht verboten. Britische Friedensaktivisten hatten während des Krieges mit Protestaktionen darauf aufmerksam gemacht, dass der Rüstungskonzern EDO MBM in Brighton Teile für uranhaltige Hellfire-Raketen nach Israel liefert. Doug Rokke, einst Direktor des Pentagon Depleted Uranium Project, ist sich sicher, in den Fernsehberichten aus dem Kriegsgebiet 120-mm-DU-Panzermunition erkannt zu haben.
Zuvor hatte die israelische Regierung schon einräumen müssen, dass ihre Streitkräfte im Libanon-Krieg Hisbollah-Stellungen auch mit hochgiftigen Phosphorgranaten, die zu schweren Verbrennungen führen, angegriffen haben. Internationale Kritik fand auch der massive Einsatz von Streubomben auf beiden Kriegsseiten. Anderen Recherchen zufolge sollen die israelischen Truppen im Gaza-Streifen neuartige Munition aus Drohnen abgefeuert haben, die besonders grausame Verletzungen und tödliche Verbrennungen verursacht. Experten meinen, es könnte sich um die von der US-Luftwaffe entwickelte DIME-Munition (Dense Inert Metal Explosive) für Präzisionswaffen zum urbanen Einsatz handeln, bei der dem Sprengstoff Krebs verursachender Wolfram-Staub beigemischt wird.
Der libanesische Nuklearphysiker Mohammad Ali Qobeissi hatte bei Khiam in einem Bombenkrater »hohe Strahlung von unidentifizierten radioaktiven Materialien« gemessen. Wie der britische Wissenschaftler Chris Bellamy jetzt erläuterte, enthalte die Khiam-Probe mit 108 Teilen U-238 und einem Teil U-235 eindeutig angereichteres Uran. Wahrscheinlich habe man sich von der ungewöhnlichen Mischung einen militärischen Vorteil versprochen. Chris Busby vom European Committee on Radiation Risk vermutet sogar den Test einer neuartigen kleinen »Fusionsatombombe« oder einer thermobarischen Bombe. Um Panzer oder andere verhärtete Materialen zu durchbrechen, wurde bisher häufig abgereichertes Uran eingesetzt, das für Mensch und Umwelt höchst gefährlich ist.
Viele Teilnehmer des Golfkrieges Anfang der 90er leiden noch immer an den Folgen. Gerade berichtete eine Veteranenorganisation in den USA, dass das »Golfkriegssyndrom« nunmehr 11 000 Todesopfer gefordert habe; 56 Prozent der damals eingesetzten 580 000 GIs hätten dauerhafte medizinische Probleme. Diese Rate habe nach dem Zweiten Weltkrieg nur bei fünf und nach dem Vietnamkrieg bei zehn Prozent gelegen. Renommierte Wissenschaftler wie Leuren Moret hätten angereichertes Uran als definitive Ursache für das Syndrom benannt. Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kam man auch in Großbritannien. Umso mehr sei es ein »Skandal«, dass das US-Militär weiter Uranmunition benutze. IPPNW ruft zu einem Verbot von uranhaltigen Waffen aus, wie sie u. a. im Golfkrieg, auf dem Balkan, in Afghanistan oder Irak eingesetzt wurden.
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