Kanadas Königstreue kränkelt
Republikanische Geister wollen nicht ewig ein Staatsoberhaupt aus London
Kanadas Staatsoberhaupt, eine Britin mit viel deutschem Blut, ist im zweitgrößten Land der Erde sehr beliebt. Als Person, nicht als Institution. Queen Elizabeth - amtlich »Ihre Majestät Elizabeth II, von Gottes Gnaden Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, Oberhaupt des Commonwealth« und damit auch Queen of Canada - erfreut sich großen Zuspruchs bei den Kanadiern. Doch auch unter ihnen wächst die Zahl derer, die fragen: Sollten wir uns nicht langsam ein eigenes Staatsoberhaupt leisten?
Mit der jüngsten Wahl des liberalen Premiers Justin Trudeau, der vieles anders machen will, hoffen Kanadas Republik-Befürworter auf Inventur der Britenanbindung. Bis jetzt wird das Regierungssystem dadurch geprägt, dass ein erblicher Monarch Souverän Kanadas ist und Elizabeth II. diese Rolle seit 1952 ausfüllt. Sie und andere Mitglieder des Hauses Windsor üben in Kanada Funktionen aus. Viele Hoheitsrechte nimmt ihr Generalgouverneur wahr, Vizegouverneure vertreten Elizabeth in den zehn Provinzen, und die Monarchie repräsentiert das Riesenland auch in anderen Staaten.
Genau das empfinden Kanadier trotz Zuneigung zu dem royalen Persönchen (162 cm lichte Höhe) fast 150 Jahre nach der Unabhängigkeit Kanadas vom 1. Juli 1867 zunehmend als Anachronismus. Ebenso die Tatsache, dass Neubürger bei ihrer Einbürgerung noch immer den Treueeid auf die Queen und ihre Nachfolger zu leisten haben. Nicht selten passiert es daher heute, dass Neu-Kanadier bei der Zeremonie die Treue geloben und anschließend - mit Berufung auf ihre Meinungsfreiheit - erklären, sich hinsichtlich des Passus’ zur Königin nicht an den Eid gebunden zu fühlen.
Als die neue Regierung kürzlich in Ottawa ihr Gesetzgebungsprogramm vorstellte, kündigte sie der Königin zwar nicht die Gefolgschaft auf. Vielmehr hielt der Generalgouverneur wie gehabt seine »Thronrede«, das Äquivalent der Thronrede der Queen zur Parlamentseröffnung in Westminster. Doch Anhänger der Republik hoffen, dass Trudeaus Liberale den Eid in absehbarer Zeit als ersten Schritt auf dem Weg zur Beseitigung der Monarchie abschaffen werden.
Tom Freda ist Direktor der Bewegung »Bürger für eine kanadische Republik«. Er hält die jetzige Situation für paradox. »Es ist ein Armutszeugnis, wenn die Regierung Neubürgern erklärt: ›Sie müssen den Eid leisten, aber er hat nichts weiter zu bedeuten. Sie können ihn leisten und dabei lügen.‹ Genauso schizophren aber ist die geltende Gesetzeslage.«
Kanadas Republikaner verspürten durch die Trudeau-Wahl Aufwind, nachdem der neue Regierungschef ein Bildnis der Queen abnehmen ließ, das unter Amtsvorgänger Harper im Vestibül des Außenministeriums gehangen hatte. Die Hoffnung freilich wurde kurz darauf wieder gedämpft, als Trudeau bei einem Commonwealth-Treffen einen Toast auf Elizabeth ausbrachte und sie als »dauerhafte Präsenz im Leben Kanadas« pries. Bürgerrechtler Freda hinterher: Diese Ehrerbietung habe sich nur auf die Person der Queen, nicht auf die Institutionen bezogen, die sie verkörpere. »Die meisten Liberalen, die jetzt die Regierung stellen, wollen die Monarchie abschaffen, sobald die Herrschaft der Queen endet.« Umfragen stützen das: Drei Viertel aller Kanadier erklären, ihr Staatsoberhaupt solle ein Kanadier sein - letztendlich.
Der Londoner »Guardian« zitierte in dem Zusammenhang Steve Parish, Bürgermeister von Ajax, Provinz Ontario. »Ich glaube, Thronfolger Prinz Charles kann das Problem lösen.« Dem stimmt sogar Republikaner Freda zu. Er ist überzeugt, dass die Zukunft der Monarchie in Kanada spätestens in dem Augenblick aufgerufen ist, »da die Stunde für die Herrschaft von Queen Elizabeth schlägt«. Nun, die Königin ist rüstig und fidel, aber schon 89 …
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