Jugendliche räumen auf

Die ökologischen Brigaden sind weit mehr als Müllbeseitigungsgruppen

  • Willi Volks, Managua
  • Lesedauer: 3 Min.
Gemeinsam aufräumen: Die ökologischen Müllbrigaden in Managua lassen sich von nichts abschrecken.
Gemeinsam aufräumen: Die ökologischen Müllbrigaden in Managua lassen sich von nichts abschrecken.

Derzeit ist INKOTA-Projektreferent Willi Volks auf Projektreise in Nicaragua und berichtet für die nd-Leserinnen und -Leser direkt aus der Hauptstadt Managua, wo er die Organisation CAPRI besucht, deren »Stadtgärten gegen den Hunger« INKOTA seit drei Jahren unterstützt.

Ich treffe mich mit Arledy Espinoza, Gustavo Ruiz und Julio Garcia im Innenhof des kleinen Ausbildungszentrums von CAPRI am Rande von Managua. Es ist den drei Jugendlichen im Alter von 17 Jahren wohlbekannt. Dort haben sie sich vor etwa zwei Jahren zum ersten Mal getroffen, um die ökologischen Brigaden mit zu gründen. »Wir waren damals eine kleine Gruppe von 30 Leuten, vor allem Jugendliche. Inzwischen sind wir mehr als 220 und unsere Treffen zur Planung und Auswertung von Aktivitäten finden deshalb dezentral in den Vierteln statt.

Wir treffen uns in der Regel ein Mal in zwei Wochen, um Aktivitäten zu planen oder auszuwerten«, weiß Arledy zu berichten. Auf meine Frage, was die drei zu diesem Engagement verleitet hat, antworten sie, dass es in ihren Stadtvierteln so gut wie keine Freizeitmöglichkeiten gibt. »Da kam uns das Angebot von CAPRI, etwas Sinnvolles zu tun und uns gleichzeitig mit anderen Jugendlichen zu treffen, gerade recht«, erzählen sie mir.

Zusammen mit anderen Jugendlichen etwas zu machen, scheint ein wirklich starkes Bedürfnis von ihnen zu sein. Deswegen spielen sie auch in der Theatergruppe von CAPRI mit. Es gibt thematische Verbindungen, gerade üben sie ein Stück über das Umweltbewusstsein in ihren Gemeinden ein. »Da können wir uns selbst spielen, das macht unheimlichen Spaß. Die beste Rolle hat Gustavo, weil er einen dieser hässlichen Erwachsenen spielt«, meint Julio. Meinen fragenden Gesichtsausdruck beantwortet Gustavo gleich selbst: »Naja, ich spiele so einen von diesen Typen, die uns Spinner nennen, weil wir die Sauberkeit in den Vierteln doch lieber der Müllabfuhr und dem Bürgermeisteramt überlassen sollten. Wenn wir die dann von unserer Arbeit überzeugen wollen, werden sie mitunter aggressiv. Es macht natürlich höllischen Spaß, so einen mal richtig aufs Korn zu nehmen.«

Das größte Problem sind indes nicht »diese Typen«. Es sind nur wenige, viel öfter ist der adultismo anzutreffen, ins Deutsche etwa mit »Erwachsenenrechthaberei« zu übersetzen. »Wer will sich als Älterer schon gern von einem Jugendlichen sagen lassen, dass er nicht einfach seine Plastiktüte auf den Boden schmeißen soll«, meint Arledy und fährt gleich fort, dass sie sich davon in ihrer Arbeit jedoch nicht entmutigen lassen. Diese besteht zum einen darin, für Kampagnen zu mobilisieren, und zum anderen in Aufklärungsarbeit, um jeden Einzelnen zu einem besseren Umweltverhalten anzuregen.

In der Regel zwei Mal pro Jahr ist in jedem der 17 Stadtteile »Aufräumtag«. Da wird sprichwörtlich alles aus dem Weg geräumt, was sich so an Unrat angesammelt hat, vor allem »wilde« Abfallhaufen, die fast ausschließlich aus Plastikmüll bestehen oder auch Elektromüll. Für diese Einsätze bekommen sie vom Bürgermeisteramt einen Lastwagen gestellt. Darüber hinaus recyceln sie, stellen Schmuck aus Plastik her oder Sitzmöbel und Gefäße aus dem Gummi abgenutzter Autoreifen, deren Verkauf sogar etwas Geld in die Kasse bringt, zum Beispiel für den Druck von Flugblättern für ihre Kampagnen. Zum Abschied versichern mir die drei: »Viele Erwachsene haben wir inzwischen auf unserer Seite.«

Unser Autor ist INKOTA-Projektreferent für Mittelamerika

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