Hotelportale beschränken Wettbewerb
Kartellamt geht gegen Bestpreisklauseln vor
Berlin. Das Bundeskartellamt geht gegen einen weiteren Anbieter von Hotelbuchungen im Internet vor: Die Behörde verbot dem Portal Booking.com die sogenannten Bestpreisklauseln, wie sie am Mittwoch in Bonn mitteilte. Bis zum 31. Januar müsse der Betreiber die Klauseln »vollständig« streichen. Diese beschränkten den Wettbewerb, erklärte Kartellamtspräsident Andreas Mundt.
Dem Wettbewerber HRS hatte das Kartellamt die Klauseln bereits verboten; das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte diese Entscheidung. Auch gegen den dritten großen Anbieter auf dem deutschen Markt, Expedia, läuft ein Verfahren der Behörde.
Preisvergleichs- und Buchungsplattformen im Internet haben als Vertriebskanal auch in der Hotelbranche enorm an Bedeutung gewonnen. Booking, eine in Amsterdam ansässige Tochter der US-Gruppe Priceline, betreibt Büros in mehr als 60 Ländern und vermittelt Hotelzimmer in über 200 Staaten. Durch Bestpreisklauseln lassen sich Internetportale von Hoteliers im Gegenzug für ihre Vermarktungsleistung zusichern, dass diese ihre freien Zimmer nirgendwo zu besseren Konditionen anbieten. Sie wollen damit ausschließen, dass Verbraucher bei Konkurrenten oder bei Direktbuchungen in den teilnehmenden Hotels auf günstigere Angebote stoßen. Nach Einschätzung der Behörde könnten Verbraucher vom Wegfall der Klauseln unmittelbar profitieren. Der Wettbewerb zwischen den bestehenden Portalen um niedrigere Preise würde sich dann beleben.
Der Hotelverband Deutschland hatte gegen Booking geklagt. Das Kartellamt mahnte das Unternehmen bereits im März ab, das seine Klauseln daraufhin enger fasste: Hotels dürfen seitdem ihre Zimmer auf anderen Portalen preiswerter anbieten als bei Booking, nicht aber auf der eigenen Website. Auch dies untersagte das Kartellamt nun: Der Anreiz für ein Hotel, seine Preise auf einem Portal zu senken, sei sehr gering, wenn es im eigenen Online-Vertrieb höhere Preise ausweisen müsse, erklärte Mundt. Zudem werde der Marktzutritt neuer Plattformanbieter erheblich erschwert.
Ein Festhalten an den Bestpreisklauseln könne mit Bußgeld in bis zu dreistelliger Millionenhöhe geahndet werden, teilte der Hotelverband mit. »Wir begrüßen das konsequente und umfassende Einschreiten des Kartellamts außerordentlich.« Booking kündigte an, die beanstandeten Klauseln ab sofort auszusetzen. Man werde aber gegen die Entscheidung Beschwerde vor Gericht einlegen. Das Bundeskartellamt sei die »einzige Wettbewerbsbehörde in ganz Europa«, die Online-Reisevermittlern die Klauseln untersage.
Bestpreisklauseln sind ein Kind des Internetzeitalters. Das Bundeskartellamt, das gegen solche Auflagen auch bei Amazon vorgegangen ist, sieht angesichts rapide wachsender Marktanteile des Online-Handels den Kampf für mehr Chancengleichheit im Internet als neue zentrale Aufgabe. »Die Vertriebsbedingungen einiger Hersteller benachteiligen die kleinen Händler, indem sie ihnen Angebote über wichtige Suchportale im Netz untersagen«, kritisierte Mundt gegenüber dpa. »Wir müssen den Markt offenhalten und dafür sorgen, dass auch kleinere Händler im Netz gefunden werden.« Dazu habe das Amt 2015 eine Taskforce Digital gebildet, die auch über mögliche Rechtsänderungen nachdenke.
Insgesamt hat die Behörde 2015 nach Mundts Worten in elf Kartellfällen Bußgelder von rund 190 Millionen Euro gegen 37 Unternehmen und 24 Privatpersonen - meist Firmenmanager - verhängt. Das liege im Durchschnitt der letzten Jahre. AFP/dpa/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.