Ein Mann, ein Wort: Mas-Einheit
Der bisherige katalanische Regierungschef macht den Unabhängigkeitsweg frei
Das Votum für Neuwahlen in Katalonien hätte an diesem Montag angesetzt werden müssen. »Ich habe mich entschieden, zur Seite zu treten«, erklärte der bisherige katalanische Regierungschef Artur Mas auf einer Pressekonferenz. Er wird nicht zur Wiederwahl antreten und macht damit den Weg frei, damit Katalonien in Richtung Unabhängigkeit von Spanien weitergehen kann. Alles sei für Neuwahlen bereit gewesen, »auch wenn wir dieses Szenario nicht wollten«, fügte Mas an. Seinen Abgang als Führer der Koalition »Junts pel Si« (Gemeinsam für das Ja/JxSí) nannte er eine »schmerzhafte« Entscheidung, die die plebiszitären Neuwahlen im September klar gewonnen hatte, aber auf zwei der zehn CUP-Stimmen zur Regierungsbildung angewiesen war.
Die Antikapitalisten hatten sich voll auf Mas eingeschossen. Ihm und seinen Christdemokraten (CDC) sollte der »Steuerhebel« entrissen werden, erklärte CUP-Sprecher Quim Arrufat vor den Wahlen dem »nd«. Doch eine kollektive Führung auf dem Weg in die Unabhängigkeit reichte ihr damals. Darin kam JxSí ihr genauso entgegen wie in der sozialen Frage. Neben einer »Präsidentschaft« mit vier Präsidenten sollte es auch ein Schockprogramm für Not leidende Familien geben. Doch die CUP stellte alles Erreichte zur Disposition, womit sie für Unmut in Katalonien und an ihrer sozialen Basis sorgte.
Starker Druck ließ die basisdemokratische Formation dann in letzter Minute einlenken. Die CUP akzeptierte, dass Mas-Parteifreund Carles Puigdemont am späten Sonntag zum Präsidenten gewählt wird, womit die Christdemokraten weiter am Steuer stehen. Puigdemont war Bürgermeister in der Kleinstadt Girona und stand der Vereinigung der »Gemeinden für die Unabhängigkeit« (AMI) vor. Mas machte deutlich, dass er den Nachfolger ausgewählt hat. Er kann sich als Retter der Unabhängigkeitsbewegung darstellen und positioniert sich schon für eine Rückkehr.
Dass er nun Ansehen gewinnt, hat er der CUP zu verdanken, die selbst über ihr Vorgehen tief gespalten wurde, da sie für den Kopf von Mas bereit war, den Unabhängigkeitsprozess zu opfern. Deshalb war gerade ihr Parteichef Antonio Baños zurückgetreten. Dafür, dass Mas temporär in die zweite Reihe tritt und an der »Neugründung« seiner CDC arbeiten wird, musste die CUP etliche Kröten schlucken und öffentlich Selbstkritik üben. Sie erkennt »Fehler« an und benennt das »kriegerische« Auftreten gegenüber JxSí und damit auch gegenüber den linken Parteien, die auf der Einheitsliste für die Unabhängigkeit kandidierten und eine klare Mehrheit in der Koalition stellen. Sie verspricht, das Vertrauen wieder »aufzubauen«, das seit September schwer beschädigt worden sei, da sie den Wählerwillen, den »Unabhängigkeitsprozess« in den kommenden 18 Monaten voranzutreiben, »in Gefahr gebracht« habe.
Nur außerhalb Spaniens sieht die CUP eine Chance, »soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe« zu erreichen, schreibt sie. Um eine stabile »Konsens-Präsidentschaft« über die vorgesehene Zeit zu garantieren, müssen nun zwei Parlamentarier der CUP in die Fraktion von JxSí wechseln. Die CUP verpflichtet sich, »in keinem Fall« mit den spanischen Nationalisten zu stimmen, »die gegen den Prozess oder das Selbstbestimmungsrecht sind«.
Praktisch entschuldigt sie sich dafür, den Prozess Monate verzögert zu haben. Als Konsequenz werden zwei Parlamentarier zurücktreten.
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