Werbung

Neuer Herausforderer für Tsipras

Kyriakos Mitsotakis gewann die Wahl zum Chef der griechischen Konservativen

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die konservative Nea Dimokratia steht vor einem Umbruch: Ein jüngerer Reformpolitiker übernimmt das Ruder. Und geriert sich bereits als neuer Gegenspieler von Ministerpräsident Alexis Tsipras.

Griechenland hat einen neuen Oppositionsführer: In der Stichwahl zum Parteivorsitz der konservativen Nea Dimokratia (ND) setzte sich Kyriakos Mitsotakis knapp gegen Evangelos Meimarakis durch. Der eher als Außenseiter angetretene Sieger konnte die meisten Stimmen der im ersten Wahlgang im Dezember ausgeschiedenen Kandidaten Apostolos Tzitzikostas und Adonis Georgiadis auf sich vereinen.

Die ND hätte nun die Aufgabe, »alle Kräfte zu vertreten, die gegen den Populismus einer unfähigen Regierung stünden«, erklärte Mitsotakis noch in der Wahlnacht von Sonntag zu Montag. Unter seiner Führung werde die in den Krisenjahren auf die Hälfte ihrer einstmaligen Zustimmungswerte geschrumpfte Partei erneut zur »großen mitte-rechten Volkspartei« werden, forderte der nur wenige Jahre ältere Konservative den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras heraus. »Ab heute läuft der Countdown für das Ende des letzten Kapitels des Populismus in Griechenland.«

An die eigene Partei gerichtet mahnte der frisch gewählte Vorsitzende zur Einheit. Er »respektiere und ehre« den unterlegenen Gegenkandidaten Evangelos Meimarakis, der ihm ein »wertvoller Mitarbeiter« sei.

Beide Kandidaten hatten sich im Wahlkampf als Erneuerer der unmittelbar nach dem Sturz der Militärdiktatur gegründeten konservativen Volkspartei geriert. Auch wenn sich dabei mit der Wahl des 47-jährigen Mitsotakis die »Generation Internet« gegen die »Generation Fax« des 62-jährigen Meimarakis durchsetzte, waren es weniger programmatische Unterschiede, die den Ausschlag gaben. Die Trennlinie verlief vielmehr zwischen den historischen Lagern zweier mächtiger Politdynastien innerhalb derselben Partei. Denn Sieger Kyriakos ist der Sohn des einstigen Parteichefs und heute 97-jährigen Ehrenvorsitzenden der ND, Konstantions Mitsotakis. Der unterlegene Meimarakis dagegen war als Kandidat des Neffen des gleichnamigen Parteigründers Konstantinos Karamanlis ins Rennen gegangen. Kostas Karamanlis war nach sechs Jahren im Ministerpräsidentenamt nach seiner Wahlniederlage im September 2009 auch vom Parteivorsitz zurückgetreten.

Die Fehde zwischen den beiden Clans zieht sich seit Mitte der 50er Jahre durch die Geschichte Griechenlands. Als ehemaliges Mitglied konkurrierender Parteien schloss sich Konstantions Mitsotakis 1978 der ND und übernahm nach langjähriger parteiinterner Opposition 1984 den Vorsitz. Als Kostas Karamanlis 2009 zurücktrat, gelang es dem Mitsotakis-Clan jedoch nicht, die Parteiführung erneut zu besetzten. Die Schwester des heutigen Parteichefs, Dora Bakogianni, verlor ausgerechnet gegen den Kandidaten, der ihren Vater 1993 die Macht gekostet hatte: Antonis Samaras hatte mit seinem Austritt aus der ND zum Sturz der Regierung Mitsotakis 1993 entscheidend beigetragen.

Der jüngste Sprössling der uralten Dynastie bemüht sich jedoch sichtlich um eine Distanzierung von dem in Griechenland auch als Unglücksbringer geltenden Übervater. So dankte Kyriakos Mitsotakis in seiner ersten Ansprache als Parteiführer vor allem seiner Frau und seinen Helfern für die Unterstützung im Wahlkampf. Den Namen des Vaters erwähnte er nicht. Bereits in den vergangenen Jahren hatte Kyriakos sich von der »Familienlinie« abgegrenzt. Als Schwester Dora im November 2010 die Nea Dimokratia kurzzeitig verließ, war er ihr nicht gefolgt. Im Wahlkampf hatte er darum gebeten, »nicht wegen meines Namens«, sondern »wegen meiner Leistungen« gewählt zu werden.

Zu diesen gehört die Präsenz im griechischen Parlament seit 2004 und das Amt des Ministers für Verwaltungsreform in der Regierung Samaras von 2013 bis 2015. Hier hatte sich der neue Parteichef vor allem mit der Streichung zehntausender Stellen im öffentlichen Dienst einen Namen, aber auch viele Feinde gemacht.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.