Deutsche »Reiher«, stationiert in Israel
Bundeswehr hat sich für »Heron-TP« entschieden - als Zwischenlösung
Die Entscheidung ist gefallen. Für rund 580 Millionen Euro will das Verteidigungsministerium drei bis fünf - wie es heißt - bewaffnungsfähige Drohnen vom israelischen Typ »Heron-TP« bestellen. Im Leasingverfahren. Partner dabei ist ein Konsortium, das aus der High-Tech-Firma Israel Aircraft Industries (IAI) und der Airbus-Tochter Airbus Defence&Space besteht.
Heron ist das englische Wort für Reiher. Mit den technischen Nachbildungen dieser Vögel will die Bundeswehr eigentlich nur eine zeitliche Lücke überbrücken. 2015 hatten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien vereinbart, eine eigene unbemannte Flugmaschine zu entwickeln. Die ist jedoch nicht vor 2025 einsatzbereit. Also suchte man - wie bereits seit Amtsantritt von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor gut zwei Jahren - eine Zwischenlösung. Infrage kamen das US-Muster »Predator« von General Atomics und die israelische Variante.
Ab 2018 sollen die unbemannten Flieger mit dem Deutschen Kreuz am Rumpf einsatzbereit sein. Betreiber wird das Taktische Luftwaffengeschwader 51 »Immelmann« in Jagel sein. Dort sollen auch Simulatoren stehen, an denen die Piloten üben können. Die Drohnen selbst jedoch werden wohl nie deutschen Boden berühren. Ihre Basis soll in Israel sein.
Die restlichen Probleme liegen im Detail, doch das Ministerium hat aus herben Pannen mit der »EuroHawk«-Drohne gelernt. Dieser unbemannte Höhenaufklärer hätte in Deutschland keine Zulassung erhalten, also weder starten noch landen können. Millionen wurden sinnlos verpulvert, weshalb der Amtsvorgänger der aktuellen Verteidigungsministerin, ihr CDU-Parteifreund Thomas de Maiziére, fast aus dem Amt geflogen wäre. Nun überlässt man klugerweise heikle Fragen wie die Zulassung ausschließlich der Industrie. Bis zum Vertragsabschluss, so hofft das Verteidigungsministerium, werde die alle offenen Probleme geklärt haben.
Doch weil auch keiner die deutschen Luftfahrtbestimmungen einfach wegzaubern kann, stationiert man die Maschinen gleich dort, wo sie hergestellt und gewartet werden. Diese Entscheidung hat noch einen weiteren Vorteil aus Sicht deutscher Militärs. Man ist in Israel viel dichter dran an möglichen Einsatzorten in der arabischen Welt oder in Afrika.
Womit man bei der Bewaffnung wäre. Ja, so bestätigen die Zuständigen, man werde mit den Maschinen auch passende Lenkflugkörper kaufen. Die seien jedoch kleiner als jene, die das US-Konkurrenzmuster trägt. Auch für die »Tornados« der Luftwaffe werden kleine Lenkwaffen gesucht, die weniger Kollateralschäden bewirken. Denkbar also, dass man in der Rüstungssparte des Ministeriums zwei Dinge zur gleichen Zeit denkt - was, wie Insider spötteln, ein Novum wäre.
Man least keine »Reiher im Sack«. Die »Herons« sind erprobt, man kann sich über ihre Wirkung in den Palästinensergebieten informieren. Ausschlaggebend für die Entscheidung war wohl auch, dass dieses Muster ein- bis eineinhalb Jahre rascher einsatzfähig ist als US-Maschinen. Deren Innenleben wohl eine Blackbox für deutsche Techniker geblieben wäre. Schon damit nicht herauskommt, dass sich US-Experten über jeden Einsatz der Maschinen nahezu in Echtzeit einen Überblick verschaffen können. Außerdem hätte die US-Regierung dem Export gesondert zustimmen müssen, was mit Sicherheit nicht ohne Auflagen möglich gewesen wäre.
Die Israeli dagegen teilen ihr Know how weitgehend. Außerdem kennen die deutschen Piloten und Techniker das israelische System bereits. Seit Jahren fliegt die deutsche Luftwaffe »Heron-1«-Aufklärungsdrohnen über Afghanistan.
Diese fliegenden Wächter hätte man gern mit nach Mali genommen, wo die Bundeswehr gerade ihren Einsatzverband im Rahmen der UN-Mission aufstockt. Doch die aktuellen Leasingverträge mit Israel sind auf Afghanistan beschränkt. Da die jedoch ohnehin auslaufen, wird man sich um eine Neufassung bemühen und ist so guter Hoffnung, ab dem Spätsommer mit eigenen Drohnen über den malischen Wüsten unterwegs zu sein. Kommentar Seite 4
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.